Der abstruse „Beitrag“ eines nicht einmal marginal bekannten Wirtschaftsinstituts zur Rentendiskussion
Die eher laienhaft zusammengestocherte Website des Pestel Instituts gibt nicht viel her und das dort gelistete Personaltableau – ein Geschäftsführer und drei weitere Mitarbeiter – mutet eher an wie Menschen, die Schüler wohl als NPCs (Non-playable Characters, kurz für nichtssagende Mitläufer) bezeichnen würden. Dennoch sorgt eine Forderung des Instituts am 11. August dieses Jahres für Aufsehen. Die „Pestels“, die sich sonst eher mit Themen rund um den Sozialen Wohnungsbau und Wohneigentum beschäftigen, stellen nun die steile Forderung auf, Beamte sollten doch bitte schön ihre Lebensarbeitszeit ausdehnen und fünfeinhalb Jahre länger arbeiten, als Arbeiter dies müssen. Die Begründung könnte glatt aus der trumpschen Ideenkiste stammen: Beamte würden statistisch länger leben als Arbeiter oder Angestellte und sollten das Rentensystem entlasten, indem sie dafür länger arbeiten.
Da fragt man sich doch, ob das nun ein Versuch sei, zu differenzieren, indem man Beamte, Angestellte und Arbeiter jeweils gruppenweise betrachtet. Nur dass dann wohl beim Differenzieren das Differenzieren zu kurz gekommen ist, denn wer glaubt schon der absurden These, alle Beamten lebten vergleichbar lang, seien sie nun Finanzbeamte, Beamte der Kommunalverwaltungen, Lehrkräfte, Richter, Polizisten, Justizvollzugsbeamte oder etwa Bedienstete des Luftfahrt- Bundesamts. Die Lebenserwartung von Polizisten (nicht, dass man diese Gruppe nicht auch noch weiter diversifizieren könnte) liegt über den dicken Daumen gepeilt bei 77 Jahren und damit deutlich unter jener von Lehrkräften (die natürlich auch nicht gerade eine homogene Masse sind). Verwaltungsbeamte schneiden im Durchschnitt noch besser ab – je nach Einstiegsamt natürlich, wobei die Beamten des höheren Dienstes die besten Langlebigkeitsqualitäten aufweisen.
Mal abseits der beamteten Personen gesprochen steigt vor allem mit hohen Bildungsabschlüssen und einem in der Regel damit einhergehenden höheren Einkommen auch die Lebenserwartung. Kann da der Beamtenstatus allein als Begründung für eine längere Lebensarbeitszeit ausreichen? Sicherlich nicht.
Und denken wir einmal speziell an Lehrkräfte, deren viele verbeamtet sind, etliche aber auch nicht. Diese Lehrkräfte, ob im Beschäftigtenverhältnis oder verbeamtet, haben vergleichbare Bildungsniveaus und (wenngleich das Einkommen der Lehrer im Beschäftigtenverhältnis niedriger ist als jenes der beamteten Pädagogen) Saläre, die deutlich über dem deutschen Durchschnitt liegen. Dennoch sollten nur die beamteten Kollegen verpflichtet werden, fünfeinhalb Jahre länger zu arbeiten? Überhaupt ist diese Forderung voller Denkfehler, so zahlen Beamte gar nicht in die Rentenkasse ein und würden sie durch ihr längeres Arbeiten nicht entlasten. Zudem ist die Forderung weder mit den Artikeln 3 und 33 (5) des Grundgesetzes noch mit dem Beamtenstatusgesetz vereinbar. Dementsprechend erteilt dbb-Chef Volker Geyer dem Begehren des Pestel Instituts eine klare Abfuhr. Auch den Vorstoß von Carsten Linnemann (CDU), man solle Lehrkräfte zukünftig nicht mehr verbeamten, weist er zurück. Schließlich wolle man keine amerikanischen Verhältnisse, in denen man Staatsdiener einfach nach Gusto entlassen könne.
Es bleibt uns an dieser Stelle wohl nur die Kenntnisnahme, dass wir wieder einmal pünktlich zur politischen Sommerpause mit abstrusen Vorstellungen von links außen und einer Neiddebatte entspringenden Forderungen konfrontiert werden. Vielleicht sollten die Menschen, die hier ihre muffigen Ideen lüften, sich besser einmal damit beschäftigen, wie man Beamtenberufe attraktiviert und den Nachwuchs sichert, als alle Jahre wieder zu versuchen, pressewirksame Aufregerthemen zu gebären.