Lars Lamowski: „Die Ergebnisse zum Thema ‚Gewalt gegen Lehrkräfte‘ sind bedrückend. Gewalt gegen Lehrkräfte ist weit verbreitet und wird seit Beginn der Coronapandemie zu einem immer größeren Problem an den Schulen. Zudem sehen wir einen dramatischen Rückgang der Berufszufriedenheit von Schulleitungen. Die Schulpolitik bewerten die Schulleitungen entsprechend: Note 5 – nicht versetzt.“
Bereits seit 2016 lässt der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Schulleitungen in regelmäßigen Abständen danach befragen, wie zufrieden sie mit ihrem Job sind. Seit 2019 wird auch eine Stichprobe für Rheinland-Pfalz erhoben. In diesem Jahr wurde bei der Befragung der Fokus auf das Thema „Gewalt gegen Lehrkräfte“ gelegt.
Lars Lamowski, Landesvorsitzender des VBE Rheinland-Pfalz, kommentiert die Ergebnisse: „Die Studie zeigt deutlich auf, dass sich die Zahl der Schulen, an denen es in den letzten fünf Jahren Gewalt gegen das pädagogische Personal gab, auf einem hohen Niveau eingependelt hat.“ So meldeten 60 Prozent der befragten Schulleitungen zurück, dass es innerhalb der letzten fünf Jahre Fälle psychischer Gewalt in Form von Beleidigungen, Bedrohungen oder Belästigungen an ihrer Schule gegeben habe. Ein Fünftel der Schulleitungen weiß zu berichten, dass Lehrkräfte Opfer von Cybermobbing wurden. Besonders erschreckend: An knapp einem Drittel der Schulen in Rheinland-Pfalz kam es in den letzten fünf Jahren zu gewalttätigen körperlichen Angriffen auf Lehrkräfte. Erschwerend kommt hinzu, dass mehr als die Hälfte der Befragten angab, dass die Fälle seit Beginn der Pandemie zugenommen haben „Der Schutz der Lehrkräfte muss dringend auf die politische Agenda“, so Lamowski weiter. „Jeder Form von Gewalt muss Einhalt geboten werden. Die Politik muss die Schulen massiv unterstützen, damit sie schnell zu einem weitgehend gewaltfreien Raum werden!“
Lediglich 40 Prozent der befragten Schulleitungen, bei denen es zu einem Gewaltvorfall gegen Lehrkräfte kam, gaben an, dass es in den meisten Fällen gelungen sei, die betroffenen Kolleginnen und Kollegen ausreichend zu unterstützen. „Hier besteht dringender Handlungsbedarf“, konstatiert Lamowski. „Der Dienstherr muss seiner Fürsorgepflicht nachkommen und dafür sorgen, dass seine Beschäftigten ihrer Arbeit unbehelligt nachgehen und unversehrt nach Hause gehen können.“
Die Antworten auf die jährlich wiederkehrenden Fragen zur Berufszufriedenheit spiegeln die steigende Belastung, denen Schulleitungen und Lehrkräfte ausgesetzt sind, wider. Das mit Abstand größte Problem stellt hierbei der Lehrkräftemangel dar, den knapp 70 Prozent der befragten Schulleitungen nannten. Hieraus resultieren eine hohe Arbeitsbelastung und Zeitmangel (41 Prozent). Der Mangel an Zeit findet sich auch in den von den Schulleitungen genannten Belastungsfaktoren wieder. Alle Befragten gaben an, dass steigende Verwaltungsaufgaben eine sehr starke Belastung seien. Nahezu alle Schulleitungen gaben an, dass das stetig wachsende Aufgabenspektrum (98 Prozent) sie belastet und der praktische Alltag in den Schulen bei politischen Entscheidungen nicht ausreichend beachtet wird (97 Prozent). Daraus resultiert, dass die Schulleitungen immer häufiger ihre beruflichen Aufgaben nicht mehr zu ihrer eigenen Zufriedenheit erfüllen können. Mehr als 40 Prozent schaffen dies nur noch gelegentlich oder gar nie. Es ist daher kaum verwunderlich, dass knapp 70 Prozent der Schulleitungen ihren Job nicht weiterempfehlen würden.
Auch zu den Verbesserungsbedarfen haben sich die Schulleitungen geäußert. Mehr Anrechnungsstunden für das Kollegium zur Erfüllung besonderer Aufgaben wünschen sich 98 Prozent, eine Erhöhung der Leitungszeit fordern 97 Prozent. Auch die Personalisierung muss verbessert werden: 94 Prozent der befragten Schulleitungen wollen eine bessere Ausstattung mit pädagogischen Fachkräften.
Lars Lamowski resümiert: „Schule funktioniert nicht ohne Schulleitungen, die ihrem Job gerne nachgehen. Sie brauchen im Schulalltag genügend zeitliche Ressourcen, um ihre Schule zu leiten und weiterzuentwickeln. Wenn Schulleitungen aber hauptsächlich den Mangel verwalten und sie dadurch so frustriert sind, dass sie ihren Beruf nicht weiterempfehlen würden, sendet das ein fatales Signal an die Menschen, die Lehrkraft werden oder eine Leitungsfunktion übernehmen wollen. Dabei brauchen wir dringend mehr Personal an den Schulen. Nicht nur in Form von Lehrkräften, sondern auch in Form von multiprofessionellen Teams, um den Lehrkräften und Schulleitungen die notwendige Zeit für ihre Aufgaben einzuräumen. Die Politik muss in den Schulen endlich die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, damit die Kolleginnen und Kollegen dort gut und gerne arbeiten können.“