Rheinland-Pfälzische Schule

Therapie bei Long Covid-19: Wenn die Symptome nicht mit dem Virus verschwinden

Viele Menschen, die mit Corona infiziert waren, fühlen sich auch noch Monate später erschöpft. Sie leiden unter Fatigue, haben Atemprobleme, Herzrasen, teils auch Herzmuskelentzündungen, einige klagen über neurologische Beschwerden. Im Zusammenhang mit Long und Post-Covid-19 wird von mehr als 200 verschiedenen Symptomen berichtet. Es gibt aktuell verschiedene therapeutische Ansätze, um mit Long Covid- 19 umzugehen. An dieser Stelle möchten wir Ihnen beispielhaft einen interessanten Ansatz vorstellen. Wie sie behandelt werden können, berichten Logopädin Dr. Patricia Sandrieser und Sportwissenschaftlerin Stefanie Ebner-Etzkorn, Therapiezentrum am Katholischen Klinikum Koblenz · Montabaur.

„Es handelt sich um Patienten, die sich längst in der Genesungsphase befinden müssten, sich jedoch nicht weiter erholen. Statt einer Verbesserung müssen sie sogar immer wieder Rückschläge verkraften“, erklärt Dr. Patricia Sandrieser, Bereichsleitung Logopädie. Dauern diese Beschwerden mehr als drei Monate an, spricht man von Long Covid oder vom Post-Covid-19-Syndrom.

Für mehr Lebensqualität

Die Logopädin und ihre Kolleginnen vom Therapiezentrum am Katholischen Klinikum Koblenz · Montabaur unterstützen bereits seit 2020 Betroffene bei der Linderung der Beschwerden. Da die Patienten an sehr unterschiedlichen Symptomen leiden, die in Schwere und Ausprägung stark variieren, entwickeln die Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden individuell angepasste Therapien an den drei Standorten des Katholischen Klinikums. Die eigentliche Ursache der Erkrankungen können die Therapeuten zwar nicht beheben, aber sie helfen den Betroffenen, die Symptome zu kontrollieren, ein Stück Lebensqualität zurückzugewinnen und so auch den Wiedereinstieg in den Beruf zu schaffen. Auch wenn Covid-19 unser Leben bereits seit zweieinhalb Jahren beeinflusst, ist über die Langzeitfolgen der Virusinfektion bislang wenig bekannt. Noch gibt es zu wenig Studien; da sehr unterschiedliche Beschwerden auftreten, handelt es sich zudem nicht um ein klar abgrenzbares Krankheitsbild. Die Begriffe Long Covid oder Post-Covid-19-Syndrom umfassen zunächst einmal alle langfristigen gesundheitlichen Schäden nach einer Infektion. Gesichert ist nur, dass auch nach einem symptomlosen, milden Verlauf Langzeitschäden auftreten können.

Mehr junge Patienten

Das beobachtet auch Stefanie Ebner-Etzkorn, Therapeutische Leiterin des Therapiezentrums am Katholischen Klinikum Koblenz · Montabaur: „Zu uns kommen vor allem Patienten, die eine leichte oder mittelschwere Corona-Infektion hatten. Darunter sind viele junge, gesunde und berufstätige Menschen.“ Menschen mit einem schweren Covid-Verlauf oder ältere Erkrankte werden eher in einer Reha-Klinik weiterbehandelt, in der ambulanten Therapie werden hingegen mittlerweile mehr junge Patientinnen und Patienten betreut als vor der Pandemie. Gerade Atembeschwerden sind im Schulalltag ein großes Problem. Denn durch Atembeschwerden verändert sich die Atemfrequenz, sodass es den Betroffenen schwerfällt, Atmung und Sprechstimme zu koordinieren. „Wenn wir sprechen, wissen wir normalerweise intuitiv, wie lange unser Atem reicht, bis wir Luft holen müssen, und passen unsere Sprechpausen daran an. Wenn nun aber weniger Atem zur Verfügung steht oder wir Probleme beim Atmen haben, hat das natürlich Auswirkungen auf die Sprechstimme“, erklärt Dr. Sandrieser. Betroffene berichten, dass sie schnell heiser werden, die Stimme nicht mehr belastbar ist und schnell ermüdet.

Individuelle Therapie

Im Therapiezentrum in Koblenz und Montabaur geht es darum, diese Symptome zu lindern. „Die Auswirkungen einer Corona-Infektion sind sehr vielfältig, deswegen muss die Therapie auch an jeden Patienten individuell angepasst werden“, betont die Logopädin. Die meisten erhielten eine Kombination aus Ergotherapie, Physiotherapie und Logopädie. Die Physiotherapie stärkt durch Atemübungen und Muskeltraining die Lunge, während die Logopädie mit Stimmtherapie unterstützt. „Gerade hat beispielweise eine Kollegin mit einer Stimmtherapie bei einer jungen Pflegerin angefangen, deren Stimme so angegriffen ist, dass sie keinen normalen Familienalltag bewältigen kann. Eine belastende Situation, wenn man das eigene Kind aus dem Nebenzimmer nicht mehr rufen kann oder wenn die Unterhaltung am Tisch zu viel wird für die Stimme“, erklärt Dr. Patricia Sandrieser. Die Patientin komme regelmäßig zur Stimm- und Atemtherapie.

„Hier können wir in der Physiotherapie ganz praktisch helfen, indem wir den Menschen Übungen und Körperhaltungen mit an die Hand geben, mit denen sie sich selbst helfen können“, ergänzt Diplom-Sportwissenschaftlerin Ebner-Etzkorn. In der Therapie lernen Betroffene die jeweiligen neuen Belastungsgrenzen kennen – und respektieren. Überlastung ist kontraproduktiv, sie schadet dem Genesungsprozess, so die Leiterin des Therapiezentrums. „Unsere Patienten erzählen uns immer wieder, dass ihr Umfeld kommuniziert, sie sollten sich nicht so anstellen. Es ist unsere Aufgabe als Therapeutinnen, ihnen zu vermitteln, dass ihre Erkrankung ernst genommen wird und wir mit ihnen gemeinsam diesen Weg beschreiten.“

 

Ein Fazit?

Dieser Weg ist bei Long Covid lang und beschwerlich, Betroffene brauchen einen langen Atem. Denn die Beschwerden können Monate andauern oder sogar chronisch werden, sind mal schwächer, mal stärker ausgeprägt. Betroffene durchlaufen also oft Phasen, in denen es ihnen besser und dann wieder schlechter geht. Die Unterstützung der Therapeutinnen hilft, mit der Situation klarzukommen.

Auf Long Covid spezialisiert: Stefanie Ebner-Etzkorn (li.), Therapeutische Leiterin des Therapiezentrums am Katholischen Klinikum Koblenz · Montabaur, und Dr. Patricia Sandrieser, Leiterin der Logopädie am Marienhof Koblenz.
mk