Darüber, dass digitale Medien im Unterricht ihren Platz haben sollten, müssen wir wohl im Zeitalter der Digitalisierung nicht mehr reden. Doch die Frage, wo und wie digitale Medien – wie zum Beispiel Smartphones – im Unterricht eingesetzt werden, ist durchaus der Rede wert. „Smartphones als Unterrichtswerkzeug motivieren Schülerinnen und Schüler zum Mitmachen und schulen gleichzeitig kritisches Denken“, argumentiert Dr. Sarah Henkelmann, Sprecherin des Netzwerks Digitale Bildung, weshalb Smartphones im Unterricht sinnvoll sein können.
Smartphones gehören ins Leben junger Menschen: Jugendliche nutzen sie, um mit Freundinnen und Freunden in Kontakt zu kommen, sich auszutauschen, zum gemeinsamen Spielen oder um Informationen zu recherchieren. WhatsApp ist die wichtigste App der Zwölf- bis 19-Jährigen, TikTok wird von über der Hälfte der Jugendlichen regelmäßig verwendet, belegt die JIM-Studie 2022 (Jugend, Information, Medien) des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest. „Setzt man sie nun im Unterricht ein, knüpft man an die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen an, in der Smartphones ihren festen Platz haben“, sagt Sarah Henkelmann, die aus dem Austausch mit Lehrkräften weiß, dass der Unterricht dadurch abwechslungsreicher und für Schülerinnen und Schüler motivierender werden kann. „Auch empirische Studien weisen auf einen positiven Einfluss auf das Interesse und die Wissensentwicklung von Schülerinnen und Schülern hin.“
Zudem erhöhen Smartphones die Methodenvielfalt im Unterricht. Sowohl in individualisierten als auch kollaborativen Unterrichtsszenarien ist das Smartphone einsetzbar: Es kann Recherchetool sein, Mittel, um Erklärvideos und Animationen anzusehen, um schnell Lernstände abzufragen oder für eigenständige Wissensabfragen sowie zum spielerischen Lernen in der Gruppe oder allein. „In MINT-Fächern können Smartphones auch als Messgeräte genutzt werden“, macht Henkelmann auf Einsatzmöglichkeiten neugierig.
Einsatz im Unterricht
„Alle Lernwerkzeuge sollten mit einem klaren didaktischen Ziel eingesetzt werden“, sagt Sarah Henkelmann, „wie das geht, wird seit Kurzem auch wissenschaftlich untersucht.“ Zum Beispiel hat Jan Wawrzynek, Medienpädagoge aus Ludwigsburg bei Stuttgart, einen Ansatz vorgestellt, an dessen Beispiel sich das ganz gut aufzeigen lasse. Wawrzynek orientiert sich dabei an den Merkmalen guten Unterrichts von Hilbert Meyer, zwischenzeitlich emeritierter Professor für Schulpädagogik, der vier Grundformen schulischen Lernens unterscheidet: gemeinsamen, individualisierenden, kooperativen Unterricht und direkte Instruktion.
„Für den individualisierenden Unterricht könnte man zum Beispiel für schnelle Lernstandsabfragen Lernsoftware wie Lumio von unserem Förderpartner SMART nutzen und ein Monster-Quiz machen“, erläutert die Netzwerksprecherin. Oder die Lehrkraft gestaltet eine Mischform aus direkter Instruktion, gemeinsamem Unterricht und individualisierendem Unterricht: Sie erklärt eine Aufgabe und danach können die Schülerinnen und Schüler entweder in individuellen oder kooperativen Sessions das Gelernte üben oder später den eigenen Wissensstand in einem Quiz abfragen. „Denkbar ist auch, gedruckte Arbeitsblätter mit QR-Codes zu verteilen, mit denen die Schülerinnen und Schüler zu einer spielerischen Übung kommen, die ihren Wissensstand abfragt“, schlägt Sarah Henkelmann vor. Der Code könne auch zu einem Erklärvideo oder einer Übungsaufgabe leiten.
Digitale Medien als Ergänzung
„Die Erfahrung zeigt, dass Smartphones insbesondere als Ergänzung, also in Kombination mit anderen Lernmitteln, gut funktionieren“, weiß Henkelmann aus Gesprächen mit Lehrkräften. „Die Mischung macht‘s, wie so oft“, sagt Henkelmann. Besonders gut punktet der Einsatz von Smartphones in Kombination mit pädagogischer Lernsoftware und großen interaktiven Displays. „Hier ist es wichtig, beim Kauf der Lernsoftware genau hinzuschauen, ob sie zentrale Funktionen wie Jugendschutzfilter, Webfilter für Bilder- und Videosuche oder Recherche im Internet, Lernstandsabfragen mittels Lückentext oder mit spielerischen Aktivitäten erfüllen“, sagt Henkelmann. Diese Anwendungen werden browserbasiert entwickelt und können somit problemlos auf dem Smartphone benutzt werden.
Kreativ bleiben und einfach mal machen
„Leider sind wir in Deutschland immer noch in der Situation, dass Lehrkräfte improvisieren müssen, wenn sie Smartphones oder andere mobile Geräte im Unterricht einbinden wollen“, weiß Sarah Henkelmann. „Lassen Sie sich dadurch nicht entmutigen! Fangen Sie mit kleinen Schritten an, zum Beispiel einfache Lernplattformen einzusetzen. Dann arbeiten Sie sich Schritt für Schritt voran.“ Um sich selbst mit den Möglichkeiten vertraut und sicher zu machen, rät Henkelmann, Fort- und Weiterbildungen zu besuchen und bei Schulleitungen einzufordern. „Denn digitale Medien allein machen noch keinen guten Unterricht aus. Doch bleiben Sie mutig und kreativ, um mit digitalen Medien Ihren Unterricht zu bereichern.“
Netzwerk Digitale Bildung, Edith Laga
So können Smartphones im Unterricht eingesetzt werden:
- Als Hilfsmittel für Motivation, Kreativität und kritisches Denken, um verschiedene kognitive Aufgaben zu bewältigen.
- Im Filmworkshop, um zum Beispiel einen Klassenwerbefilm oder Stop-Motion-Filme (digitales Daumenkino) zu erstellen.
- Als Messgeräte und Fotometer im Chemieunterricht, um bei Experimenten zu unterstützen.
- Als Hilfsmittel beim adaptiven Lernen im Kunstunterricht, um das bildnerische Vermögen von Schülerinnen und Schülern zu fördern.
- Im Sprach- und Matheunterricht, um Sprache und Geometrie greifbarer zu machen.
Weitere erprobte Beispiele geben Expertinnen und Experten des Netzwerks Digitale Bildung im E-Book „Smartphones im Unterricht“, das kostenlos erhältlich ist unter
Dort finden Sie auch Checklisten, die Sie vor dem Einsatz von Smartphones im Unterricht verwenden können, um sich bestmöglich vorzubereiten.