Bildungsministerin Frau Dr. Stefanie Hubig wollte auf den landesweiten Schulleiterdienstbesprechungen des Ministeriums für Grundschulleitungen im März 2024 aufzeigen, wie sehr sich das Land bemüht, Schulentwicklung zu fördern, mehr Chancengleichheit für Schülerinnen und Schüler unterschiedlichster Herkunft zu schaffen und Lehrkräfte bei ihrer herausfordernden Arbeit in der Grundschule zu unterstützen.
Was sollte der Beleg dafür sein? Eine schier endlos wirkende Aufzählung bereits laufender oder demnächst anlaufender Programme in Rheinland-Pfalz. Die Einführung von verpflichtenden Diagnose- und Förderwerkzeugen ab dem kommenden Schuljahr zur Verbesserung der mathematischen Kompetenzen („Mathe macht stark“) und der Lesefertigkeit („Lesen macht stark“) und nicht zuletzt der sog. 9-Punkte-Plan.
Bei der anschließenden Fragerunde erntete die Ministerin weniger Lob als Kritik. Realität traf auf Politik. Wir brauchen nicht das x-te, gut klingende und sicher auch gut gemeinte Programm. Wir brauchen Zeit, in Ruhe pädagogisch arbeiten zu können. Wir brauchen ausgebildete Lehrkräfte und multiprofessionelle Teams. Und das nicht nur an großen Stadtschulen in herausfordernder Lage, sondern überall, war die Meinung vieler Schulleitungen. „Denken Sie nicht nur an die Schulen der Zukunft, sondern an die Schulen im Hier und Jetzt“ war ein ernst zu nehmender Appell eines Schulleiters, der zum Leidwesen der Ministerin anhaltenden Beifall erntete.
Die Ministerin war dann mal auf jeden Fall ganz schnell weg. Und statt Antworten auf sich wirklich aufdrängende Fragen zu erhalten, sahen sich die Schulleitungen nach dem schnellen Abgang der Ministerin damit konfrontiert, ganz unerwartet auf Fortbildung „umschalten“ zu müssen. Weil eine weitere Bildungsstudie offenbart hatte, dass es auch beim Zuhören hapert, bekamen die versammelten Schulleitungen einen mehr als einstündigen – zugegebenermaßen eigentlich interessanten – Onlinevortrag eines renommierten Professors aus Chemnitz, Herrn Michael Krelle, übergestülpt. Nichts gegen ihn! Die Inhalte waren interessant, der Vortrag lebendig. Aber der Zeitpunkt war absolut der falsche! Man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dies ein probates Mittel war, Zeiträume für kritische Fragen zu minimieren. Sich ernst genommen fühlen sieht anders aus!
Schnell stellte sich heraus, dass auf dieser Veranstaltung überhaupt nicht vorgesehen war, auf das Hauptanliegen der Schulleitungen, konkrete Informationen zur im kommenden Schuljahr bereits anstehenden Umsetzung des sog. 9-Punkte-Plans und zu den damit einhergehenden tiefgreifenden Veränderungen in den individuellen Organisationsstrukturen der Schulen zu erhalten. Dies war wohl dem Umstand geschuldet, dass sich die hierfür notwendige Novellierung der „Schulordnung für die öffentlichen Grundschulen“ und der Verwaltungsvorschrift „Unterrichtsorganisation in der Grundschule“ noch in der sog. Anhörung von Gewerkschaften, Verbänden u. v. a. befand, die erst Ende März endete. Schlechtes Timing?
Dass es im weiteren Verlauf doch noch zu dezidierten Fragestellungen aus den Reihen der Schulleitungen kam, beruhte darauf, dass auf Eigeninitiative von Schulträgern ein Teil der Anwesenden recht gut über anstehende Änderungen im Bilde war. Mangelnde Transparenz? Der Anteil der unverschuldet im Dunkeln tappenden Schulleitungen hörte jedenfalls mit großem Interesse zu, welche Fragen gestellt und welche Antworten von Vertretern des Bildungsministeriums gegeben wurden. Fazit: So richtig klar wurde nichts.
Der VBE möchte dem Bildungsministerium auf den Weg geben, solche Veranstaltungen auf den Prüfstand zu stellen. Zufriedenheit hat sich nach diesem langen Tag auf einer verpflichtenden landesweiten Schulleiterdienstbesprechung des Ministeriums jedenfalls nicht eingestellt.
Welche Meinung der VBE zu den angedachten Änderungen der Grundschulordnung und der VV Unterrichtsorganisation vertritt und welche Forderungen er stellt, können Sie in dieser Ausgabe dezidiert nachlesen.
Gespannt wartet der VBE auf eine angemessene Reaktion der Landesregierung auf seine fundierte Stellungnahme zu den geplanten Änderungen. Die Unzufriedenheit in den Schulen wächst insbesondere durch immer weitere Vorgaben und Pflichttools, die ohne Rücksprache mit den wirklichen Experten vor Ort am grünen Tisch beschlossen werden, ohne die realen Probleme zu erkennen und zu lösen. Schulpolitik macht stark, das würde man sich wünschen, aber die Hoffnung schwindet angesichts der fehlenden realpolitischen Entscheidungen im Bildungsbereich! Schule macht stark! Niemanden zurücklassen – ein Traum, der durch die derzeitige Politik zu platzen droht.
Sabine Mages