Rheinland-Pfälzische Schule

Schulleitungen wieder zufriedener – trotz Scheinlösungen und Stagnation

Anlässlich des vom Verband Bildung und Erziehung (VBE) ausgerichteten Deutschen Schulleitungskongress hat der VBE auch in diesem Jahr forsa damit beauftragt,  eine repräsentative Befragung unter 1.311 Schulleitungen, 102 davon aus Rheinland-Pfalz, durchzuführen. Lars Lamowski, Landesvorsitzender des VBE Rheinland-Pfalz, kommentiert die Ergebnisse: „Wir sehen, dass die Motivation der Schulleitungen steigt, fast 60 Prozent können ihre Aufgaben zu ihrer eigenen Zufriedenheit erledigen. Dennoch würden mehr als 60 Prozent der Schulleitungen ihren Beruf nicht weiterempfehlen. Das ist ein Problem.“

Die Schulleitungen geben an, dass insbesondere die steigenden Verwaltungsarbeiten (95 %) und das stetig wachsende Aufgabenspektrum (97 %) eine (sehr) starke Belastung sind. Zudem empfinden es 96 Prozent der Schulleitungen als (sehr) starke Belastung, dass die Politik bei ihren Entscheidungen den tatsächlichen schulischen Alltag nicht ausreichend beachtet.

„Die von uns erhobene Expertise aus der Praxis soll einen konstruktiven Beitrag dabei leisten, den Abstand zwischen den bildungspolitischen Entscheidungsträgern und dem schulischen Alltag zu verringern, um so Schule besser zu machen”, führt Lamowski fort. „Ohne die angemessenen Rahmenbedingungen sollen Inklusion und Integration, Ganztag und Digitalisierung umgesetzt werden. Unsere Zahlen zeigen aber deutlich, dass es keinen Fortschritt bei diesen Zukunftsthemen gibt.“

Mit Blick auf die digitale Ausstattung der Schulen geben 13 Prozent der Schulleitungen an, keinen Klassensatz an digitalen Endgeräten für die Schülerinnen und Schüler zur Verfügung zu haben, mehr als doppelt so viele wie noch 2023 und nur 10 Prozent der Schulleitungen geben an, für alle Klassen digitale Endgeräte zu haben. Oliver Pick, stellvertretender Landesvorsitzender und Geschäftsführer des VBE Rheinland-Pfalz, kritisiert: „Es ist unverantwortlich, die Schulleitungen so hängen zu lassen. Viele Kommunen haben nicht die Mittel, die Digitalisierung an den Schulen voranzutreiben. Hier braucht es Unterstützung aus dem Bund. Auf diese wird man aber wohl noch länger warten müssen.“ Ebenso geht es beim Ausbau der Ganztagsbetreuung nicht schnell genug voran. Etwas mehr als ein Viertel der Schulleitungen gibt an, dass kein Angebot für die Ganztagsbetreuung entsprechend dem Rechtsanspruch ab dem Schuljahr 2026/27 sichergestellt werden kann.

Beim Thema Lehrkräftemangel zeigt sich tendenziell eine leichte Entspannung. Haben 2022 38 Prozent der Schulleitungen angegeben, keine offenen Stellen zu haben, sind es nun 52 Prozent. 2023 lag dieser Wert noch bei 62 Prozent. Dennoch schätzen 75 Prozent der Schulleitungen, dass sie in Zukunft stark bzw. sehr stark vom Lehrkräftemangel betroffen sein werden. Oliver Pick warnt jedoch vor einer Scheinlösung des Problems: „Die Zahl der Beschäftigten an den Schulen ohne Lehramtsqualifikation hat sich mehr als verdoppelt (2019: 33 %, 2024: 70 %)! Es kann für die Qualität des Bildungsangebotes nicht zielführend sein, wenn nicht voll ausgebildete Lehrkräfte vor den Klassen stehen. Auch wenn diese ihr Bestes geben. Daher müssen mehr Menschen für das Lehramt gewonnen und die Seiteneinsteiger konsequent nachqualifiziert werden.“

Die Zahlen zeigen auch, dass Schulleitungen entlastet werden und die gestiegenen Anforderungen an das System Schule auf mehr Schultern verteilt werden müssen. Mehr Anrechnungsstunden wünschen sich 95 Prozent der Schulleitungen, 95 Prozent der Schulleitungen sehen eine bessere personelle Ausstattung mit multiprofessionellen Teams als sehr hilfreich an und 92 Prozent würde eine bessere personelle Ausstattung mit nicht pädagogischem Personal sehr helfen. 85 Prozent der Schulleitungen wünschen sich explizit eine Schulverwaltungsassistenz. Was Schulleitungen brauchen, um ihren Job gut und gerne zu machen, zeigt sich deutlich.

Lars Lamowski fordert daher: „Wir müssen Schule neu denken und das Bildungssystem strukturell verändern, um die Bedingungen zu verbessern. Wir brauchen multiprofessionelle Teams, mit Schulsozialarbeit, mit Schulpsychologie und weiteren Professionen als Standard an allen Schulen, um die Lehrkräfte und Schulleitungen zu entlasten. So bekommen diese wieder Raum, um sich um ihre Kernaufgaben zu kümmern: den Unterricht und die Schulentwicklung. Die Digitalisierung muss weiter vorangetrieben und vor allem finanziert werden, damit an den Schulen zeitgemäßer und auf die Zukunft ausgerichteter Unterricht gehalten werden kann. Zudem muss der Beruf der Lehrkraft attraktiver werden. Es ist sehr erfreulich, dass wir wieder mehr Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter haben, aber diese müssen wir auch nach ihrer Ausbildung im Land halten können. Daher brauchen wir A13 als Einstiegsgehalt für alle Lehrkräfte!