Rheinland-Pfälzische Schule

Recht in der Schule in Frage & Antwort

Darf ich im Rahmen der Demokratieerziehung mit meinen Schülern über den Gaza-Krieg sprechen?

Eine muslimische Schülerin der 8. Klasse (BG Qualifizierte Sek. I) konfrontierte mich mit der Frage, warum der Ukraine-Krieg an meiner Schule vielseitig thematisiert wurde und werde – wir hatten zu Kriegsbeginn auch eine Schweigeminute abgehalten – der Gaza-Krieg aber mehr oder weniger totgeschwiegen werde. Die Klassenleitung sei gebeten worden, mit den Kindern eine Einordnung der Geschehnisse in Gaza vorzunehmen, habe das jedoch mit dem Hinweis auf mögliche Antisemitismusvorwürfe abgelehnt. Auch die Schulleitung habe sich hinsichtlich dieses Themas ablehnend gezeigt.

Ich wäre bereit, dieses Thema in meinem Deutschunterricht unter dem Oberbegriff „Sprechen: Debatte/Argumentation” zu behandeln, denn als Demokrat und Pädagoge bin ich der Meinung, dass es an einer öffentlichen Schule keine Denk- oder Sprechverbote geben darf. Wie kann ich meiner Schulleitung mein Unterrichtsvorhaben begründen, ohne sie gegenüber der Schulaufsichtsbehörde zu kompromittieren?

Aus Ihrer Frage höre ich heraus: „Über Gaza neutral sprechen – darf man das in der Schule”? Man darf. Zum Ersten ist Ihre Wahrnehmung, dass es keine Denk- oder Sprechverbote geben sollte, legitim, solange sich der geplante Diskurs im Rahmen der geltenden Gesetze und innerhalb demokratisch vertretbarer Standpunkte bewegt. Eine von Ihnen angedachte neutrale Behandlung des Themas würde voraussetzen, dass Sie sich mit den Schülern unvoreingenommen und faktenbasiert an das Thema herantasten, sodass der Eindruck eines Antisemitismus bzw. einer Israelfeindlichkeit nicht entstehen kann. Dies sollte Grundlage Ihrer Unterrichtsplanung sein.

Ihrer Schulleitung gegenüber können Sie argumentieren, dass ein solches aktuelles Thema als Zeitgeschehen an einer allgemeinbildenden Schule nicht verschwiegen werden darf, da es zur ganzheitlichen demokratischen Bildung der Schüler gehört, sie bei der Verarbeitung solcher Eindrücke im Sinne der Regeln und Werte unserer freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung angemessen zu begleiten. Das ist schließlich etwas, das wir als Pädagogen nicht anderen, extreme Ansichten bedienenden „Influencern” im Internet überlassen dürfen.

Rechtsgrundlagen, die ein juristisches Fundament für Ihr Unterrichtsvorhaben bilden, gibt es zur Genüge. Zum Ersten obliegt Ihnen die Organisation Ihres Unterrichts im Rahmen des Schulgesetzes, geltender Verordnungen und der relevanten Lehrpläne selbst, was sich aus § 25 (1) SchulG ergibt. Hier heißt es in Satz 1:

Die Lehrkräfte gestalten Erziehung und Unterricht der Schülerinnen und Schüler frei und in eigener pädagogischer Verantwortung im Rahmen der für die Schule geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften, der Anordnungen der Schulaufsicht und der Beschlüsse der Konferenzen.”

Insofern ist die Untersagung der Durchführung eines sich in diesen Rechtsrahmen bewegenden Unterrichtsvorhabens durch die Schulleitung auch dann unzulässig, wenn der Unterrichtsgegenstand in der Gesellschaft kontrovers gesehen und nicht von allen Diskutanten gleichermaßen goutiert wird.

In Satz 3 desselben Pragraphen heißt es weiter:

Unbeschadet des Rechts, im Unterricht die eigene Meinung zu äußern, sollen die Lehrkräfte dafür sorgen, dass auch andere Auffassungen, die für den Unterrichtsgegenstand unter Berücksichtigung des Bildungsauftrags der Schule erheblich sind, zur Geltung kommen. Jede einseitige Unterrichtung und Information ist unzulässig.”

Insofern wäre es unzulässig, den Gegenstand einseitig aus der israelischen oder eben der palästinensischen Perspektive zu betrachten und die jeweils andere auszusparen, da die Schüler dazu befähigt werden sollen, sich auf Basis der Tatsachen eine eigene Meinung zu bilden. Das Behandeln dieses Stoffes selbst ist jedoch zulässig.

Dies steht auch im Einklang mit dem Beutelsbacher Konsens von 1977, der nicht nur untersagt, die Schüler vermittels der Meinung des Lehrers zu „überwältigen”, sondern auch in seiner zweiten These festlegt, dass in Wissenschaft und Politik kontrovers Diskutiertes „auch im Unterricht kontrovers erscheinen” muss. Die dritte These des Konsenses legt fest, dass der Schüler in die Lage versetzt werden müsse, „eine politische Situation und seine eigene Interessenlage zu analysieren”. Dies kann nicht durch das Ignorieren eines relevanten Zeitgeschehens erfüllt werden.

Letztlich könnte man sogar das Grundgesetz zitieren, dessen fünfter Artikel (Absatz 3, Satz 1) die Freiheit der Lehre im Rahmen der Verfassungstreue des Lehrenden gewährleistet.

Somit steht Ihr Unterrichtsvorhaben rechtlich gesehen auf solidem Boden und Sie können es bedenkenlos, jedoch mit der gebotenen Sorgfalt und Verantwortung, durchführen.

Ein Lehrer, Klassenlehrer der 2. Klasse einer Grundschule, hat von der Dienststellenleitung ein BEM-Einladungsschreiben erhalten und fragt, ob seinerseits eine Teilnahmepflicht besteht?

Zweck des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) ist es, den Ursachen von Arbeitsunfähigkeitszeiten eines Beschäftigten nachzugehen und nach Möglichkeiten zu suchen, künftig Arbeitsunfähigkeitszeiten zu vermeiden oder zumindest zu verringern. Damit soll Arbeitnehmern, die länger als 6 Wochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, geholfen werden, möglichst frühzeitig wieder im Betrieb arbeiten zu können (§ 167 Abs. 2 SBG IX).

Die Dienststellenleitung überprüft fortlaufend die Krankmeldungen der Beschäftigten. Ist eine Lehrkraft (unabhängig davon, ob beschäftigt oder verbeamtet) mehr als 6 Wochen erkrankt oder innerhalb der letzten 12 Monate insgesamt mehr als 6 Wochen aus gesundheitlichen Gründen dem Dienst ferngeblieben, ist die Dienststellenleitung verpflichtet, der betroffenen Person schriftlich ein BEM anzubieten, dabei wird auf dessen Ziele und auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hingewiesen. Zugleich wird gebeten, innerhalb einer verbindlichen Frist schriftlich gegenüber der Dienststellenleitung zu erklären, ob das BEM in Anspruch genommen wird oder nicht und wer ggfls. einbezogen werden soll. Eine Kopie dieses Schreibens wird dem IfL sowie einem vom Örtlichen Personalrat benannten Mitglied zur Kenntnis gegeben.

Grundsätzlich müssen sich Lehrkräfte nicht an der Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements beteiligen. Das BEM ist nur mit Zustimmung der betroffenen Person durchzuführen und damit freiwillig.