Im Rahmen eines Anhörverfahrens in der öffentlichen Sitzung des Bildungsausschusses am 8. Februar 2023 zu den IQB-Bildungstrendergebnissen 2021 waren neben Bildungswissenschaftlerinnen und der Leiterin des Pädagogischen Landesinstitutes auch Vertreterinnen und Vertreter der Bildungsverbände und -gewerkschaften eingeladen, eine Stellungnahme abzugeben.
Lars Lamowski, Vorsitzender des VBE RLP und Leiter einer dreizügigen Grundschule mit inklusivem Unterricht, Ganztagsangebot und einem dislozierten Standort, zeichnete in seinem Redebeitrag ein ungeschöntes Bild des Lehrkräftemangels und bringt die daraus resultierenden Folgen und Erfordernisse auf den Punkt.
Das über PES (Personalmanagement im Rahmen Erweiterter Selbstständigkeit von Schulen) von den Schulen eingestellte, in der Regel nicht abschließend ausgebildete Personal muss – aus der Not heraus – fest in die Unterrichtsversorgung eingeplant werden und nicht wie ursprünglich angedacht für kurzfristige Vertretungen. Von diesen Personen, meist engagierte Studierende oder Lehrkräfte anderer Schularten, kann kein Unterricht in der Qualität ausgebildeter Grundschullehrkräfte erwartet werden. Sie benötigen Unterstützung und Begleitung durch das Stammpersonal, was wiederum zu zusätzlichen Belastungen der GS-Lehrkräfte führt. Die in diesen grundlegenden Jahren schulischer Bildung erforderliche Professionalität bleibt jedoch unerreicht und hat natürlich Auswirkungen auf die schulische Bildung der Kinder.
Ein adaptiver Förderunterricht, durchgeführt von ausgebildeten Kräften, ist nicht mehr möglich. Um Bildungsgerechtigkeit anzustreben, ist aber gerade die Förderung insbesondere der Schülerinnen und Schüler notwendig, die keine familiäre Unterstützung erfahren.
Der Einsatz von diagnosegeleiteten Fördermaterialien alleine hilft den Schulen vor Ort nicht. Die ausgebildeten Lehrkräfte kennen die Lernlücken der Kinder sehr genau. Was ihnen fehlt, ist die Zeit, sich einzelnen Kindern zu widmen, um Sachverhalte nochmals in Ruhe zu erklären.
Die u.a. durch Verwaltungsaufgaben stark belasteten Schulleitungen haben keinerlei Ressourcen, um Schulentwicklung voranzubringen. Die Kollegien sind mit den Herausforderungen des schulischen Alltags bereits bis an die persönlichen Belastungsgrenzen und darüber hinaus gefordert und sehen sich nicht in der Lage, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen.
Lars Lamowski macht deutlich, dass eine Entlastung der Schulen dringend geboten ist. Dazu sind große Lösungen erforderlich. Es müssen Strukturen für den Einsatz multiprofessioneller Teams geschaffen werden, zum Beispiel durch die organisatorische Vernetzung kleiner Grundschulen.
Er empfiehlt darüber hinaus ein für alle Kinder verpflichtendes Schuleingangsjahr, in dem ausreichend Zeit bleibt, den Kindern die notwendigen Lernvoraussetzungen zu vermitteln. Aktuell benötigen die Schulen mancherorts bis zu einem halben Jahr für die Erarbeitung vorschulischer Bildungsinhalte.
Lamowski warnt vor den Abwanderungen der sich in der zweiten Ausbildungsphase befindlichen Lehrkräfte in Nachbarbundesländer, wo man sich längst auf den Weg zu A 13 für Grundschullehrkräfte gemacht hat. Die Attraktivität des Berufes muss auch in RLP über eine adäquate Bezahlung der Grundschullehrkräfte gesteigert werden.
mkl