Rheinland-Pfälzische Schule

„Leselust“: Wie kann ich die Lesemotivation steigern?

Vom Lesemuffel zur Leseratte – Lesen macht Spaß?!

Machen wir eine kurze Gedankenreise in Ihre Kindheit, liebe Kolleginnen und Kollegen: Erinnern Sie sich noch daran, wie Sie Lesen gelernt haben?

Als ich selbst noch klein war, fiel es mir schwer, mich fürs Lesen zu begeistern. Man musste es eben in der Schule lernen, genauso wie das Rechnen. Wahrscheinlich erkennt sich dabei der ein oder andere von Ihnen wieder. Viele Lehrerinnen und Lehrer sowie auch die Eltern und Erziehungsberechtigten stehen immer wieder vor der großen Herausforderung: Wie kann ich die Lesemotivation bei meinem Kind / bei meinen Kindern steigern?

Ich möchte versuchen, Ihnen mit diesem Artikel eine Möglichkeit zu eröffnen, wie Sie dies vielleicht auch bei Ihren Kindern erreichen können. Ich hatte als Kind die große Chance, eine außergewöhnliche Lesung von einem der, meiner Meinung nach, sympathischsten Autoren zu besuchen: Stefan Gemmel. Er hat es geschafft, aus mir die Leseratte herauszukitzeln. Wie hat er das geschafft?

Mit diesem Artikel möchte ich Ihnen zusammen mit dem Autor Stefan Gemmel Tipps und Tricks  an die Hand geben, um hoffentlich auch eine Verwandlung bei Ihren Schülerinnen und Schülern vom Lesemuffel zur Leseratte  zu bewirken, denn wie schon Astrid Lindgren sagte: „Lesen ist ein grenzenloses Abenteuer der Kindheit.“

Leseförderung

Mit Methoden und Konzepten können Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihren Kindern ein lebenslanges Geschenk mit auf den Weg geben: die Freude am Lesen.

Was sind die Ziele der Leseförderung? Man versucht damit, die Lesefertigkeit und die Lesekompetenz seiner Schülerinnen und Schüler gezielt zu fördern. Ebenso versucht man, die Motivation zum regelmäßigen Lesen zu steigern. Auch die Freude und das intrinsische Interesse stehen hier an oberster Stelle. Wenn man Kinder zum Lesen motiviert, steigert man damit ihre Fantasie und eigene Vorstellungskraft, auch für Neues, weitet ihren Wortschatz aus und steigert damit auch die Rechtschreibfähigkeit und das Wissen.

Welche Methoden und Konzepte gibt es? Es gibt zahlreiche Methoden und Konzepte. Ein mögliches Konzept möchte ich Ihnen nun beispielhaft gemeinsam mit dem Kinder- und Jugendbuchautor Stefan Gemmel vorstellen.

Austausch mit Stefan Gemmel persönlich: Tipps und Tricks aus dem Nähkästchen geplaudert

Wie kann ich Kinder zum Lesen animieren? Stefan selbst ist ohne Bücher groß geworden. Daher weiß er aus eigenen Erfahrungen, was Kindern entgehen kann.

Bei der Leseförderung hat seiner Meinung nach die Geschichte selbst nur eine sekundäre Bedeutung. Die Kinder sollen beim Lesen ihre eigene Fantasie anregen. Beim Lesen fördert man die Fähigkeit von Kindern zum Problemelösen. Sie finden beim Lesenlernen selbst immer mehrere Möglichkeiten, wie sie der Figur in der Geschichte helfen können bzw. wie diese ihrer Meinung nach handeln sollte. Sie bekommen dadurch sogar mehr Selbstbewusstsein durch dieses bewusste Hineinversetzen in die Figur, da sie selbstständig verschiedene Lösungswege während des Leseprozesses entwickeln. Zielführend entfalten sie dadurch Empathie für andere durch das bewusste Hineinversetzen in andere Personen, regen ihre eigene kreative Fantasie an und lernen, selbstständig Lösungsstrategien zu entwickeln.

Als Erstes versucht Stefan Gemmel deshalb immer,  einen Bezug zur Geschichte mit den Kindern gemeinsam herzustellen: Warum gibt es beispielsweise das Buch? Auch die Kinder selbst werden dabei aktiv in die Lesungen einbezogen und so auch wertgeschätzt. Bei ihm gibt es kein stupides Vorlesen. Er stellt währenddessen Fragen an die Kinder und unterbricht so seine eigenen Geschichten, um die Kinder voll und ganz in das Geschehen miteinzubeziehen.

Tipp: Probieren Sie doch einfach verschiedene Methoden aus, die zu Ihnen und der Lerngruppe passen könnten. Warum nicht einfach mal etwas Neues ausprobieren und die Schülerinnen und Schüler eigene Ideen mit einfließen lassen? Für das „Hineinversetzen“ eigenen sich beispielsweise Rollenspiele in verschiedenen Formen. Auch mit Spielfiguren lassen sich viele Sachen wunderbar inszenieren.

Was macht die Lesungen so besonders? „Ich habe doch nur eine Geschichte vorgelesen.“ (Stefan Gemmel) Das kann man bei seinen Lesungen definitiv nicht sagen. Die Kinder und Jugendlichen werden immer in anderer Weise mit den verschiedensten Methoden in seinen Lesungen miteinbezogen. Er versucht auf einfühlsame und humorvolle Art, die Kinder in seinen Bann zu ziehen (was bei mir definitiv bis heute geklappt hat). Dies erzeugt er beispielsweise mit kleinen Spielen und weiß genau, die Kinder zu verzaubern. So macht er gerne das „Ja-nein-Spiel“ bei seinen Lesungen zu „Im Zeichen der Zauberkugel“. Dort wird ganz spontan ein kleines Theater mit den Kindern inszeniert und die Lesung zum „Vorleseerlebnis“ für Groß und Klein geschaffen. Er sucht sich dafür immer ein „Leser“-Kind und ganz schelmisch, so wie er sich selbst in solchen Situationen beschreibt, ein „Nichtleser“-Kind heraus. Somit holt er ganz gezielt Lesemuffel aus ihrer Komfortzone und gibt ihnen einen gewaltigen Motivationsschub.  Auch bei den kleinen Lesern bezieht er das Publikum gekonnt mit ein. So dürfen die Kinder der „Marvin“-Lesungen auch mal Schimpfwörter, wie „Krötengrütze“, laut mitkrakeelen.

Damit möchte er nicht nur die Kinder gekonnt miteinbeziehen, sondern auch das „Abschalten“ vermeiden, denn Menschen, egal welchen Alters, schalten nach einer gewissen Zeitspanne ab.

Tipp: Deshalb sollte man nicht einfach ganze Geschichten nur vorlesen, sondern auch andere Impulse miteinbeziehen, beispielsweise Fragen, Rollenspiele oder auch eigene Erfahrungen, sodass keine Eintönigkeit entstehen kann. Kindern soll damit auch vermittelt werden, dass sie aufpassen müssen, weil sie sonst etwas verpassen könnten.

Fazit: Reines Vorlesen ist also „out“ und Leseförderung somit etwas für jedes Alter! Was ist die beste Einstiegsliteratur? Beispiele aus Stefan Gemmels Repertoire:

  • „Keine Angst, kleiner Hase“
  • „So wie du“
  • „Du bist richtig, wie du bist“

Hier sind wichtige Themen, wie zum Beispiel Angstbewältigung, Teambildung und die Stärkung des Selbstbewusstseins, vertreten. Die Bücher sind dabei ganz klar und strukturiert aufgebaut und eignen sich deshalb besonders für den Kindergarten, die Grundschule, die Förderschule und für Sprachanfänger. Die Geschichten sind dabei durch die Illustrationen alle sehr aussagekräftig. Gerade für Sprachanfänger sind diese Art von Büchern sehr motivierend, da sie wissen wollen, worüber genau gelacht wird, und so eine intrinsische Motivation entsteht, die Sprache zu lernen.

Klassiker unterschiedlicher Themen für alle Schularten

Stefan Gemmel bietet eine große Vielfältigkeit von Themen für alle Schularten und viele Altersgruppen. Einige sind dabei auch für Sprachanfänger geeignet. Er recherchiert dabei nicht nur die einzelnen Themen, sondern geht auch in verschiedene Länder auf Entdeckertouren und tauscht sich mit den handelnden Menschen, die zu fiktiven Figuren werden, aus.

Bilderbuch: „So wie du“

Thema: Freundschaft, Stärken und Schwächen, Zusammenhalt. Hier finden Sie ein Bilderbuch, welches wichtige Werte vermittelt. Damit soll den Kindern deutlich gemacht werden, dass jeder einzigartig und besonders ist und Stärken und Schwächen bei jedem dazugehören.

Kinderbuch: Bände „Im Zeichen der Zauberkugel“

Eine Abenteuergeschichte mit viel Magie und Spannung erwartet hier ihre kleinen Leser.  Ich selbst habe das Buch bereits mit zwei Klassen gelesen und durchweg positive Rückmeldung meiner Schülerinnen und Schüler erhalten. Die Bücher können sogar von Stefan selbst über den Bendorfer Buchladen signiert werden.

Tipp: Dieses Buch gibt es auch bereits in mehreren Übersetzungen. Somit kann es auch für Sprachanfänger genutzt werden.

Jugendliteratur: „Befreiungsschlag“

Hierfür besuchte er ein Jahr lang straffällige Jugendliche und begleitete diese bei einem Anti-Gewalt-Training. Das Buch ist sehr authentisch geschrieben, da er auch die Sprache der Jugendlichen nutzt. Ebenso finden Sie hierfür passende Übungen zum Anti-Gewalt-Training. Diese zeigt er auch in Lesungen. Er nannte dazu ein Beispiel aus einer seiner Lesungen. Ein Junge hatte sich an seine Lesung erinnert und sich bei einer „Mutprobe“ nicht mitreißen lassen.

Tipp von Stefan persönlich: „Sucht die Bücher nicht krampfhaft nach Themen für die Kinder aus, sondern stellt doch mal ein persönlich berührendes Buch vor und erzählt ihnen, warum ihr es mögt oder warum ihr es gelesen habt. Sie werden euch ‚an den Lippen hängen‘ und wollen das Buch kennenlernen!“

Ho, ho, ho: Weihnachtsspecial – Lieblingsweihnachtslektüren zum Selberschenken oder Weiterverschenken

Sein eigenes persönliches Lieblingsbuch für die Weihnachtszeit ist „Benjamin geht ein Licht auf“. Jedes Kapitel ist mit Redewendungen und Sprichwörtern in der Geschichte versehen und es gibt passend dazu sogar Erklärungen. Leider ist das Buch schon vergriffen. Aber psst …: Vielleicht erscheint nächstes Jahr ein neues Weihnachtsbuch von Stefan.

Sein persönlicher Geschenktipp: „Krabat“ von Otfried Preußler. Preußler schafft es seiner Meinung nach, hier eine passgenaue Atmosphäre zu schaffen und gleichzeitig wichtige Werte zu vermitteln. Es geht dabei vor allem um das Miteinander und darum, für sich einzustehen. Ebenso wird hier dargestellt, dem Drang zum Böse zu widerstehen.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien im Namen des VBE RP und des Jungen VBE RP viel Erfolg bei der ein oder anderen Umsetzung des Leseförderungskonzeptes (dabei vor allem auch Erfolgserlebnisse bei dem ein oder anderen Kind), vor allem aber auch Gesundheit für Sie, erholsame bevorstehende Weihnachtsferien, ein besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Franziska Rohde

 

Steckbrief:

Stefan Gemmel

Das bin ich: Stefan Gemmel ist am 30. Januar 1970 geboren. Seine Haar- und Augenfarbe ist braun und er ist 1,80 m groß.

Persönliches: Sein Spitzname ist „Blubb“, weil er mal der beste Schwimmer in der Schule war.  Er hat zwei Kinder, Hannah und Franziska, und ist eins von vier Geschwistern.  Seine Lieblingsfarbe ist kunterbunt.  „Schnürsenkel“ und „Doppelknoten“ sind die Namen seiner beiden Kornnattern.  Der Schokoladenhase ist sein Lieblingstier und sein Lieblingsessen selbstverständlich Schokolade. Deshalb mag er auch keine schlechte Schokolade und Angeber. Das „Liebeslied“ von Bodo Wartke ist sein Lieblingslied und Tobias Mann sein Lieblingskabarettist. Seine Hobbys sind Joggen, Schwimmen, Schlagzeugspielen, Radfahren und Zeit mit seinen Töchtern zu verbringen.

Bücher & Co.: „Emil und die Detektive“, „Timbuktu“ und „Die Geschichte von Herrn Sommer“ zählen zu seinen Lieblingsbüchern.  Seine Lieblingsautoren sind Erich Kästner, Stephen King, Paul Auster und vor allem George Simenon. Stefan Gemmel liebt es, Lesungen zu halten, zu schreiben und zu lesen.

Die Lieblingsfächer in der Schule waren Deutsch und Englisch. In seiner Schulzeit mochte er keine Streitsucher in den Pausen.