Rheinland-Pfälzische Schule

Lärm im Schulalltag belastet

Viele Lehrkräfte leiden unter Dauerlärm im Schulalltag. Etwas dagegen zu tun, ist häufig leichter als gedacht. Einige Anregungen, um zukünftig entspannter durch den Schulalltag zu gehen.

„Ist der Schulalltag zu hart, bist du zu schwach.“ Solche Sprüche kursierten ernsthaft in manchen Kollegien, empörte sich Schulberaterin Martina Schmidt kürzlich wütend auf ihrem Blog „Die kleine Pause“. Dass das aber nicht nur ein Spruch für Möchtegernhelden ist, die in den vermeintlich täglichen Kampf ziehen, sondern in bestimmten Feldern der Realität entspricht, zeigt das Thema Lärm im Schulalltag.

Wie laut es im Schulalltag ist, merken Lehrkräfte häufig erst, wenn sie den Lärm hinter sich gelassen haben. In der Stille im heimischen Arbeitszimmer rauscht es plötzlich in den Ohren und die Stille wirkt ungewohnt.

37 Prozent litten an einer Hörstörung

Die Fakten: Im Mittel liegt der Schallpegel im Unterricht zwischen dem eines normalen und dem eines lauten Gespräches zwischen 60 bis 70 Dezibel. In Grundschulen können Werte von 70 bis 75 Dezibel erreicht werden. Das ist etwa so laut wie ein Staubsauger. Klingt erst mal nicht dramatisch, aber als ein Stressfaktor unter vielen und als Dauergeräusch belastet es.

Wie sehr die ständige Geräuschkulisse an die Substanz geht, haben die Mainzer Forscher Sandra Meuer und Wolfgang Hiller in einer Studie zu Lärmbelastungen am Arbeitsplatz Schule unter Lehrkräften herausgefunden. Dafür haben sie fast 4000 Lehrkräft befragt, von denen 1468 (37 Prozent) nach eigenen Angaben unter mindestens einer Hörstörung litten. Zu den dabei berücksichtigten Hörstörungen zählten neben Tinnitus auch Hyperakusis und Schwerhörigkeit. Die Stichprobe umfasste Lehrkräfte aller Schultypen aus den Bundesländern Rheinland-Pfalz, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Die Lehrkräfte mit Hörstörung waren durchschnittlich 52 Jahre alt. Das ist typisch, denn im Gegensatz zu manchen anderen Stressfaktoren tritt bei Lärm kein Gewöhnungseffekt ein, sondern die Belastung wird mit dem Alter schlimmer. Unter den Betroffenen war Tinnitus (ständige Ohrengeräusche) mit 1096 Fällen die am häufigsten berichtete Hörstörung, gefolgt von Hyperakusis (krankhafter Geräuschempfindlichkeit) mit 988 Fällen und Hörminderung mit 937 betroffenen Lehrern. Auch über Kombinationen von Hörstörungen wurde häufig berichtet.

Lernkonzept wirkt ruhefördernd

Das Problem ist also weitverbereitet und bekannt. Aber was kann dagegen getan werden? Bei der Frage nach gewünschten Verbesserungen nannten die meisten
Lehrkräfte in der Studie, dass sie sich kleinere Klassen und weniger Schüler je Klasse wünschten. Bildungspolitisch ist das ein Wunsch, für den der VBE seit Langem kämpft, dessen Realisierung aber aktuell weit entfernt scheint.

Die Grundschule Süsteresch in Niedersachsen macht vor, wie Schulen sich bei dem Thema selbst behelfen können. Nicht direkt kleinere Klassen, aber eine Entzerrung der Gruppengröße ist dem Kollegium dort gelungen. Die Grundschule hat für ihr Konzept 2016 den Deutschen Schulpreis erhalten.

Das Bemerkenswerte an dem Konzept ist, dass es den Schulalltag sehr viel ruhiger macht. Kurz zusammengefasst, erarbeiten sich die Schülerinnen und Schüler dort die Unterrrichtsinhalte eigenständig. Dabei müssen sie nicht im Klassenzimmer sitzen, sondern können das gesamte Schulhaus nutzen. Es gibt Nischen, Themenräume und überall verteilt Computerarbeitsplätze mit Stühlen auf Rollen, die sich leise von einem Ort zum anderen bewegen lassen. Erst am Ende der Unterrichtszeit treffen sich alle Schülerinnen und Schüler wieder gemeinsam in ihrem Klassenraum.

Für Schulleiter Heinrich Brinker ist das Lernkonzept das Geheimnis hinter der Ruhe im Schulhaus. Denn sobald der leistungsstarke Schüler früher fertig sei und sich langweile und der schwächere Schüler früher aufgebe, weil er überfordert sei, werde es unruhig, sagte Brinker dem Deutschen Schulportal. Könnten Kinder aus eigenem Antrieb und aus eigener Motivation lernen, würden Sie ruhiger werden.

Schalldämpfung ist nicht kompliziert

Ein gutes Konzept ist ein wichtiger Punkt auf dem Weg zu weniger Lärm im Klassenzimmer. In vielen Klassenräumen geht es aber sicherlich nicht ohne eine bessere Schalldämpfung. Das halten viele Befragte in der Mainzer Studie für erforderlich. Eine einfache und kostengünstige Möglichkeit, die Schalldämpfung in den Klassenzimmern zu verbessern, ist es, sogenannte Schallabsorber an der Decke und an den Wänden anzubringen. Auch Vorhänge, Teppiche, Pinnwände und Kuschelecken verringern die Nachhallzeit und verbessern die Akustik. Darüber hinaus können Filzgleiter unter Stühlen und Tischen den Geräuschpegel reduzieren.

Ruheraum einrichten

Außerdem steht bei vielen der befragten Lehrkräfte die Einrichtung eines Ruheraums für die Pausen auf dem Wunschzettel. Tatsächlich ist das etwas, was jedes Kollegium umsetzen kann, wenn es denn einen ungenutzten Raum oder eine Nische gibt, die man dafür herrichten kann.

Gelingt es, angelehnt an diese Beispiele, Abläufe zu verändern, ist es nicht mehr nötig, den Schulalltag als einen Kampf zu sehen, für den Lehrkäfte abgehärtet sein müssen. Stattdessen wird die Schule zu einem Lebensraum, in dem Lehrkräfte auch mal schwach und ruhebedürftig sein dürfen.

Nina Braun

Neun Tipps für mehr Stille

  1. Möglichkeiten, bei der Einrichtung des Klassenraums die Akustik zu verbessern: Schallabsorber für Decke und Wände. Vorhänge, Teppiche, Pinnwände und Kuschelecken. Filzgleiter unter Stühlen und Tischen.
  2. Regeln für das Leisesein im Gebäude sind vorhanden und werden bei Verstoß sanktioniert.
  3. Verhaltensregeln zum Zuhören und Sprechen im Unterricht sind eingeführt. Beispiele: Regeln zum „Stillsein“ (Zuhören): Klangschale, Handzeichen etc.
  4. Die Sitzordnung nimmt Einfluss auf die Lärmsituation und wird daher bei unruhigen Klassen ggf. modifiziert.
  5. Schülerinnen und Schüler können sich bei nachlassendem Konzentrationsvermögen bei Bedarf austoben und bewegen.
  6. Musik wird als lernförderliches, beruhigendes Element gezielt in den Unterricht oder in Bewegungs- oder Tobepausen integriert.
  7. Innerhalb des Kollegiums hat man sich ggf. auf ein Belohnungssystem für ruhige Lerngruppen und Schülerinnen und Schüler geeinigt. Beispiele: Es gibt einen Schulwettbewerb „Leiseste Klasse“. (Grund-)Schülerinnen und -Schüler sammeln Smileys o. Ä. und können diese gegen kleine Belohnungen eintauschen.
  8. Es werden Themen und Projekte zu Lärm und Akustik im Unterricht behandelt bzw. durchgeführt. Beispiele: „Lärmjäger“: Schülerinnen und Schüler suchen nach Lärmquellen. Die verwendeten Lärmmessgeräte sollten eine gewisse Genauigkeit aufweisen. Apps von Smartphones sind weniger geeignet, da sie häufig zu ungenau sind. Auch gut: Unterrichtsmaterialien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) oder der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) – Schulportal Lernen und Gesundheit.
  9. Es werden visuelle Hilfsmittel zur Lärmreduzierung eingesetzt. Beispiele: Messgeräte mit optischer Anzeige, z. B. in Form einer Lärmampel.

(Quelle https://m.unfallkasse-nrw.de/fileadmin/server/download/praevention_in_nrw/praevention_nrw_79.pdf)

Wie unsere Ohren erkranken können

Wir hören die ganze Zeit. Jedes Geräusch, jeder Ton in unserer Umgebung wird von den Ohren aufgenommen und weitergeleitet. So sind sie unerlässlich in unserem Alltag. Ein Nichtfunktionieren des Organs merken wir häufig in der Kommunikation und der Orientierung. Welche Erkrankungen es gibt und wie Sie erste Symptome erkennen, erfahren Sie hier.

Das wohl bekannteste Symptom, das wir mit Problemen des Gehörs verbinden, ist der Tinnitus. Das Ohrgeräusch ist meist nach wenigen Sekunden vorbei und verschwindet dann erst mal. Es ist, wenn es selten auftritt, unbedenklich. Anders ist das, wenn die Entstehung der Geräusche auf gewisse Umstände zurückzuführen ist oder sie als Begleiterscheinung auftreten.

Die Umstände können eine anhaltende hohe Lautstärke oder ein Knall sein, dem die Ohren schutzlos ausgeliefert sind. In beiden Fällen können Traumata ausgelöst werden. Je nach Ursache ist dann vom Knall- oder Lärmtrauma die Rede. Ein Knalltrauma wird von einem explosionsartigen Geräusch ausgelöst. Dabei ist es entscheidend, wie nahe wir uns an der Geräuschquelle befinden. Ein Trauma können Betroffene im ersten Moment neben den Ohrengeräuschen auch an einem gedämpften Hörempfinden erkennen. Seltener tritt eine Schwerhörigkeit ein.

Gibt es keinen eindeutigen Grund für die Ohrengeräusche, muss auf weitere Symptome geachtet werden. Je nach Kombination der Symptome können die Geräusche Teil einer ernst zu nehmenden Erkrankung sein, die medizinisch behandelt werden sollte. Treten sie etwa mit Drehschwindel, also einem Schwindel nach schnellen Drehungen des Körpers oder des Kopfes, einem Druckgefühl, einer schwächeren Hörleistungoder gar Schwerhörigkeit immer wieder plötzlich auf,
kann das ein Hinweis auf zu viel Flüssigkeit im Innenohr sein. Diese Erkrankung wird in der Medizin Morbus Menière genannt. Sie ist leicht zu therapieren, weswegen auch Patienten, die seit Jahren immer wieder diese Attacken haben, von ihrem Leid befreit werden können.

Entzündungen können viele Ursachen haben

Treten die Ohrgeräusche zusammen mit Schwindel und Übelkeit auf, kann das Innenohr überreizt oder verletzt sein. Eine Innenohrverletzung tritt häufig mit einer Entzündung des Mittelohres auf. Im Gegensatz zu den eben erwähnten Erkrankungen können diese nicht verhindert werden, indem man sich von Quellen hoher Lautstärke und Explosionen fernhält. Die Entzündungen entstehen durch andere, äußerliche Einwirkungen. So führen Gewalteinwirkungen zu Verletzungen am Ohr. Aber auch die falsch durchgeführte Ohrreinigung und die Verwendung falscher Mittel führen häufig zu entzündlichen Verletzungen.

Diese Verletzungen am Ohr und am Gehörgang sind, wie an allen anderen Stellen des Körpers, willkommene Eintritte für Keime, Bakterien und andere Krankheitserreger. Deswegen sollten Entzündungen am Ohr und im Gehörgang möglichst vermieden werden. Treten dann doch Symptome einer Entzündung des Gehörs auf, sollte sofort medizinische Hilfe aufgesucht werden, um schlimmere Erkrankungen zu verhindern.

Weniger bekannt ist die Verursachung von Entzündungen durch eine plötzliche Änderung des Druckes auf das Ohr. Viele kennen das, wenn sie in den Urlaub fliegen. Wer in der Startphase die Mitreisenden beobachtet, sieht viele Methoden des Druckausgleichs in der Kabine. Aber nicht nur der plötzliche Aufbruch in
Höhen, sondern auch in Tiefen belastet unser Gehör entsprechend. So sehen sich viele, die leichtgläubig, schlecht vorbereitet oder ohne ausreichende professionelle Begleitung auf den ersten Tauchgang gehen, mit einer Mittelohrentzündung konfrontiert, die den Spaß am Sport verderben kann.

Die dünne Schicht zwischen Mittel- und Innenohr: Das Trommelfell

Was bei einer Entzündung, etwa bei einer Mittelohrentzündung, für Krankheitserreger anfällig ist, ist das Trommelfell. Es spielt eine führende Rolle bei der
Umwandlung des Schalls in einen elektrischen Impuls. Obwohl es so wichtig ist, hat es lediglich eine Dicke von 0,03 bis 0,09 mm. Es ist demnach entsprechend
empfindlich

Eine schwerwiegende Beschädigung des Trommelfells kann ein Loch oder ein Riss sein. Treten viele Symptome einer Entzündung, wie Ohrengeräusche und Hörminderung bis zur Schwerhörigkeit auf, können das Hinweise auf eine entsprechende Verletzung sein. In seltenen Fällen lösen diese auch Lähmungen im
Gesicht aus. Die Ursachen für diese Beschädigungen sind identisch mit denen der Entzündungen, wozu die Belastung durch Explosionen kommt.

Risse oder Löcher im Trommelfell können HNO-Ärzte diagnostizieren. Dazu schaffen sie sich beim Blick in den Gehörgang einen Eindruck über die Stelle und die
Größe der Öffnung. Ein Hörtest, bei dem der Grad der Hörminderung oder der Schwerhörigkeit festgestellt wird, bestätigt die Diagnose.

So belastend eine Trommelfellverletzung sein kann, so simpel ist die Heilung oder Therapie. Die geringe Dicke des Fells ist auch der Grund, warum Risse und Löcher wieder schnell von allein zuwachsen. Ob das passiert, können die HNO-Ärzte gut erkennen. Sind die Ränder der Beschädigung ausgefranst, muss das Trommelfell vom Mediziner geschient werden. Nur so kann garantiert werden, dass die Enden beim natürlichen Zusammenwachsen wieder zusammenfinden, ohne dass Folgeschäden auftreten. In seltenen Fällen muss ein größerer Eingriff unternommen werden, weil das Gewebe des Trommelfells und der dahinterliegenden Gehörknöchelchen nachhaltig zerstört worden ist. Diese werden dann durch anderes körpereigenes Gewebe rekonstruiert und wieder an alter Stelle eingesetzt werden.

Das gesamte Gehör, vom Rand der Ohrmuschel bis zu den Gehörknöchelchen, ist sehr empfindlich, wenn es um verschiedene Erkrankungen und Beschwerden
geht. Selbst trockene Haut, die sich auf der Rückseite der Ohrmuschel befindet, kann zu Beeinträchtigungen führen. Der Grund für diese Empfindlichkeit liegt auch in der Öffnung des Ohres. Der Gehörgang ist den Umwelteinflüssen nahezu ungeschützt ausgeliefert. So kann jeder Teil des Gehörapparats immer von Verletzungen und Entzündungen befallen werden. Es gilt also, vorsichtig zu sein, aber nicht bei jedem Tinnitus muss sofort ein Arzt aufgesucht werden. Erst wenn mehrere Symptome gleichzeitig auftreten, empfiehlt sich das Einholen von ärztlichem Rat.

Geben Sie immer auf Ihre Ohren acht. Denn sie sind sehr wichtig für unsere Lebensqualität und unverzichtbar im Alltag. Passen Sie also auf Ihre Ohren auf, pflegen Sie sie richtig und muten Sie ihnen nicht zu viel zu.

Maike Jänsch

Zum Weiterlesen

  • Das Konzept der Grundschule Süsteresch/Niedersachsen: https://deutsches-schulportal.de/schulkultur/zeitgemaesse-lernraeume-in-einem-altengebaeude-wie-geht-das/
  • Seit Mai 2018 gibt es eine neue Arbeitsstättenregel „A3.7 Lärm“, auf die sich Lehrkräfte berufen und nach der sie Maßnahmen zum Lärmschutz beim Arbeitgeber einfordern können: https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/ASR/pdf/ASR-A3-7.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (QR-Code erstellen)
  • Blog mit praktischen Tipps zu mehr Pausen im Schulalltag: www.diekleinepause.de
  • Bei der der Deutschen Gesellschaft für Akustik e. V. können sich Schulen kostenlos einen Lernkoffer  zum Thema Lärm ausleihen: https://www.tag-gegen-laerm.de/publikationen/laermkoffer, außerdem gibt es eine Erklärvideoserie zu Akustik: https://www.tag-gegen-laerm.de/publikationen/noisella-lehrt-akustik
  • Raumakustik-Rechner anhand von Faktoren wie Anzahl der Personen, Größe des Raums etc.: http://raumecho-app.com
  • Die Studie von Meuer und Hiller: https://www.tinnitus-liga.de/media/tf/TF_3_19_Meuer_Hiller.pdf