An dieser Stelle erlaube ich mir einen Rückblick und einen Ausblick zugleich. Denn kürzlich durfte ich mein 25-jähriges Dienstjubiläum begehen. Ich schreibe bewusst nicht „feiern”, denn nach Feiern ist mir aufgrund der aktuellen bildungspolitischen Situation wahrlich nicht zumute. Nach nunmehr einem Vierteljahrhundert im Dienste des Landes Rheinland-Pfalz, das von Höhen und Tiefen geprägt war, kann ich auf einiges zurückblicken. Beleuchten möchte ich einzelne markante Dinge, die mich in meinem gewerkschaftlichen Kontext geprägt haben. Obwohl Sonderschullehrer auch zur Jahrtausendwende nicht besonders dick gesät waren, bekam ich zu Beginn meiner Laufbahn in Rheinland-Pfalz nur einen Angestelltenvertrag mit einem Dreivierteldeputat. Gerade weil mein damaliger Angestelltenvertrag zu einem vollen Deputat ergänzt wurde und es eine Zusicherung in die Berufung ins Beamtenverhältnis gab, war mir klar, dass mir und vielen anderen unrecht getan wurde. Es lohnte sich auf jeden Fall, dagegen etwas zu unternehmen, und dies hat gefruchtet. Alle Betroffenen wurden nach kurzer Zeit in ein Beamtenverhältnis übernommen. Natürlich mit vollem Deputat.
In diesem Kontext bin ich auf die Personalratsarbeit aufmerksam geworden, bin in die Funktion des örtlichen Personalrates gekommen und in den VBE eingetreten. Über diesen hatte ich das Glück, im Jahr 2009 für den Hauptpersonalrat Förderschulen kandidieren zu dürfen. Diesem Gremium gehöre ich seither an. Hier und in der Funktion als stellvertretender Landesvorsitzender des VBE kann ich Bildungspolitik nicht nur beobachten, ich darf sie aktiv mitgestalten.
Aber zurück zu meinen Anfängen im Schuldienst. In 25 Jahren hat sich bildungspolitisch einiges getan. Zur Jahrtausendwende wurden die ersten Schwerpunktschulen eingeführt. Es kam zu einem Umdenken in der Bildungspolitik. Der Vorläufer der Inklusion, die Integration, wurde geboren. Lange Zeit waren diese Schulen noch adäquat ausgestattet. Es gab verschiedene Berechnungsgrundlagen zur Versorgung mit sonderpädagogischem Personal. Heute sieht das an vielen Schwerpunktschulen nicht mehr so rosig aus. Oder ist mein Eindruck ein falscher? Richtet man den Blick auf alle Regelschulen, kann man verschiedene Veränderungen erkennen. Es gab eine grundlegende Schulstrukturreform im Bereich der Sekundarstufe. Die Realschule plus wurde geschaffen und mit ihr ein neues Lehramt für Realschulen plus eingeführt. Jedoch hat das Land hier eine Zweiklassengesellschaft unter den Lehrkräften toleriert. Realschullehrkräfte und Grund- und Hauptschullehrkräfte wurden unterschiedlich besoldet. Bei einer gleichwertigen Tätigkeit. Dies empfanden wir als VBE als eine große Ungerechtigkeit. Und auch hier gab es einen Weg. Eine entsprechende Wechselprüfung wurde von uns durch ein langwieriges Verfahren erstritten. Den betroffenen Lehrkräften ist Gerechtigkeit widerfahren. Richten wir den Fokus auf die Grundschulen, stellen wir auch innerhalb der Primarstufe eine große Veränderung der Schülerschaft, der Anforderungen und der täglichen pädagogischen Arbeit fest. Hier sehen wir einen großen Handlungsbedarf. Die Grundschule muss reformiert werden. Sicher lohnt es sich auch hier, sich für Veränderungen einzusetzen. Angefangen mit einer gerechten Besoldung der Grundschullehrkräfte. A 13 muss kommen. Die Grundschule muss einer Reform unterzogen werden.
Blickt man in die nahe Zukunft, lässt sich Folgendes feststellen: Mit Beginn des neuen Schuljahres sollen alle Schulen „ihr pädagogisches Konzept inklusiv ausrichten, um die Kompetenzen der einzelnen Schülerinnen und Schüler zu stärken und ihre Bedürfnisse angemessen zu berücksichtigen“. Das ist einer der Leitgedanken, die die Schulordnung für den inklusiven Unterricht an öffentlichen Schulen beinhaltet. In diesem Kontext konnte man einer Pressemeldung entnehmen, dass es 250 zusätzliche Stellen für das inklusive Schulsystem geben wird. Nur der Zeitraum, in dem diese Stellen bereitgestellt werden, ist nicht definiert. Der VBE wird sich weiter dafür einsetzen, dass die Politik hier Wort hält. Es wäre fatal, die Regelschulen diesen Weg ohne sonderpädagogische Expertise beschreiten zu lassen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch der weitere Ausbau der Förder- und Beratungszentren gerade im Hinblick auf deren Personalisierung. Einen positiven Aspekt hat das Dasein als Jubilar. Man darf sich etwas wünschen. Ein Wunsch an dieser Stelle ist ein deutliches Mehr an Unterrichtsversorgung in Form von Lehrerwochenstunden an allen Schulen. Ein Mehr, das es ermöglicht, Kindern und Jugendlichen nicht nur eine unterrichtliche Grundversorgung zu erteilen. Sie müssen adäquat gefördert und gefordert werden. Unterrichtsausfälle müssen aufgefangen werden. Denn die Kinder und Jugendlichen sind da, auch wenn die Lehrkraft ausfällt oder eine Fortbildung besucht. Aber auch ein Weniger. In Form von Entlastung. Entlastung durch die Implementation von multiprofessionellen Teams an den Schulen, durch die Senkung der Klassenmesszahlen und vor allem durch eine deutliche Verringerung des Regelstundenmaßes der Lehrkräfte.
Nach 25 Jahren kann ich feststellen, dass mein Beruf mir immer noch Spaß macht. Es lohnt sich jeder Arbeitstag, wenn er auch oft von hohen Belastungen überschattet ist. Gerade gegen diese Belastungen anzugehen, sich gewerkschaftlich in einer großen Familie zu engagieren und für andere einzustehen gibt mir große Kraft. Diese Kraft wünsche ich allen Kolleginnen und Kollegen! Aber auch allen handelnden Personen, die Bildungspolitik gestalten und mir meine Wünsche zum Jubiläum erfüllen können.