Rheinland-Pfälzische Schule

Ein Besuch im Museum Judengasse in Frankfurt

Steht ein Wandertag an, doch Sie haben noch kein passendes Ziel gefunden? Dann könnte das Museum Judengasse in Frankfurt genau das Richtige für Sie und Ihre Klasse sein.

Natürlich werden die Schüler auch dieses Mal bei der Erwähnung des Wortes „Museum“ erst einmal ein Stöhnen der Enttäuschung ausstoßen. Doch das gilt es auszuhalten, denn was sie dort erwartet, ist ein spannendes historisches Erlebnis voller neuer Einblicke in die Geschichte des wohl wichtigsten Ortes jüdischer Geschichte zwischen 1462 und 1796 im deutschen Sprachraum.

Der Reiz des Museums und das Herzstück der Ausstellung ist zweifelsfrei die Ausgrabungsstätte der Keller und Fundamente von fünf Häusern der historischen Judengasse nebst dort bei Bauarbeiten in den Achtzigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts entdeckten Gegenständen des täglichen oder religiösen Gebrauchs. Nachdem die Besucher ein Modell der historischen Judengasse und verschiedene weitere gegenständliche und fotografische Exponate im Vorraum zur Hauptausstellung betrachtet und einen kurzweiligen und lehrreichen Einführungsfilm im museumseigenen „Kinosaal“ gesehen haben, können sie sich ein wenig echtes Forscher-Feeling gönnen, während sie in den konservierten Kellern und zwischen den Grundmauern der Judengassenhäuser herumstöbern.

Dort erfährt man, was Juden erlaubt und verboten war und wie sie in der engen Judengasse gelebt und gearbeitet haben, welche Probleme ein derart enges Zusammenleben im ausgehenden Mittelalter und in der beginnenden frühen Neuzeit aufwarf und wie man bemüht war, diese zu lösen. Zum Beispiel erwies sich der Bau von Backöfen innerhalb der Schutzmauern der Judengasse, die eine Art „Stadt in der Stadt“ bildete, als problematisch, da nahezu alle Häuser aus Holz, Lehm und Stroh gebaut waren und es dadurch leicht zu Großbränden kommen konnte.

In der Dauerausstellung gibt es auch eine Mikwe, ein jüdisches Ritualbad, im „Steinernen Haus“, dem einzigen Haus, das erst 1717 tatsächlich aus Stein gebaut wurde und deshalb auch diesen Namen trug, zu bestaunen und zu begehen. Wie versorgte man das Haus mit Wasser und welches berühmte Mädchen stammte in direkter Linie von Süßkind Stern, einem Vorfahren des Erbauers des Hauses, ab? Wie breit waren die Häuser und wie lebte es sich in ihnen? All diese Fragen werden im Museum Judengasse beantwortet.

Auf zwei Galerien über den Grundmauern der Häuser, zu denen auch noch einige Treppenauf- und abgänge erhalten sind, befinden sich zahlreiche interessante Relikte jüdischen Lebens der frühen Neuzeit, angefangen bei Chanukka-Leuchtern bis hin zu den Waagen und Gewichten der jüdischen Geldwechsler, Zeugen der Berufsverbote, die Juden damals den Zugang zu handwerklichen Berufen verwehrten und sie in Geld- und Handelsberufe drängten.

Doch das alles wird nicht mit dem sonst so häufigen mahnenden Zeigefinger präsentiert, sondern eher als Zeugnisse historischer Fakten. Jüdisches Leben wird nicht etwa in seiner Opferrolle, sondern vielmehr in seinem kulturellen Reichtum dargestellt. So kann man auch jüdische Schriftstücke in Augenschein nehmen, die wie aus einer Zeitkapsel befreit zu uns als Besucher sprechen. Auch jiddische Sprachzeugnisse in Form von jüdischen Liedern und Erzählungen kann man sich als Besucher des Museums anhören. In einem der Kellergewölbe, wo sich praktischerweise auch die Toiletten befinden, findet man viele schriftliche und akustische Exponate.

Besonders lohnenswert ist der Besuch des Museums in Verbindung mit einer gebuchten Gruppenführung. Und das Beste: Die Führung kostet pro Kind nur € 3,– und der Eintritt ist für minderjährige Besucher kostenfrei. Wenn man die Gruppentageskarte des RMV nutzt
(€ 7,50 pro Person hin und zurück), kann man alle Nahverbindungen im RMV-Tarifgebiet nutzen, um nach Frankfurt und von dort aus wieder nach Hause zu kommen. Somit kann man einen Tag mit einer spannenden Zeitreise füllen – und das für gerade einmal € 10,50 pro Person.

Als kleines Schmankerl gibt es für die Kinder noch ein wenig Shoppingzeit auf der „Zeil“, Frankfurts berühmter Einkaufsmeile mit vielen Geschäften und Cafés. Alles in allem sollte man für diesen lohnenswerten Ausflug sieben bis acht, je nach Entfernung von Frankfurt auch einmal neun Stunden einplanen. Leider werden die Transportkosten etwas teurer, wenn man nicht innerhalb des RMV-Tarifgebiets beheimatet ist. Dennoch bleibt das Museum Judengasse ein so attraktives Ziel, dass man ruhig auch die etwas höheren Kosten in Kauf nehmen sollte.

fh

Für eine Führung ist die telefonische Voranmeldung unerlässlich:
Museum Judengasse Frankfurt, Battonnstraße 47, 60311 Frankfurt am Main, Tel: + 49 (0) 69-212-70790