Rheinland-Pfälzische Schule

„Die Grenzen des Wissens“ von A. C. Grayling: Was wissen wir von dem, was wir nicht wissen?

In den vergangenen hundert Jahren hat die Menschheit spektakuläre Fortschritte bei der Wissenserlangung über das Universum, die Vergangenheit und sich selbst gemacht. Die Geschichte der großen vorklassischen Zivilisationen und die Geschichte der menschlichen Evolution wurden erkundet und detailliert kartiert. Diese Fortschritte waren enorm, aufregend und folgenreich. Auf 1543 datieren die meisten Historiker das Geburtsjahr der modernen Naturwissenschaft, als das Hauptwerk von Nikolaus Kopernikus über die Kreisbewegungen der Himmelskörper erschien.

Doch eine bemerkenswerte Tatsache begleitet diese Entwicklungen: Während man früher glaubte, dass jeder Erkenntnisfortschritt unsere Unwissenheit schmälert, haben uns die jüngsten Riesenschritte gezeigt, wie wenig wir wissen. Das Nachfragen erzeugt somit ein Paradoxon: Zunehmendes Wissen steigert unsere Unwissenheit. Was also wissen wir? Und wovon wissen wir heute, dass wir es nicht wissen? Und was haben wir über die Natur des Forschens selbst gelernt – die Barrieren und Schwierigkeiten, die überwunden oder berücksichtigt werden müssen? Was sind die Grenzen des Wissens und wie können wir sie überschreiten?

Doch wie stellt sich die Gesamtbilanz des Erkenntniserwerbs dar? Verstehen wir als Spezies erst einen Bruchteil der erfahrbaren Welt? Der britische Philosoph und Autor A. C. Grayling reflektiert in „Die Grenzen des Wissens“ diese spannenden Fragen, indem er ausgewählte Kernbereiche der Forschung einer Bestandsaufnahme unterzieht. Auf 450 Seiten führt der Autor hinein in die Ideengeschichte des menschlichen Forschungsdrangs, inklusive methodologischer und ethischer Fragestellungen. Drei Hauptgebiete samt ihren gesicherten Fakten und ungelösten Rätseln nimmt er dabei besonders unter die Lupe: Physik und Kosmologie, Geschichte und Archäologie sowie die Neurowissenschaften.

Leben wir physikalisch betrachtet in einer Welt aus Teilchen oder aus Strings? Was hat es mit der mitochondrialen Eva und der Archäogenetik auf sich? Wie gelingt es dem ehrgeizigen „Human Connectome Project“, der Vernetzung der geschätzten 100 Milliarden Neuronen im menschlichen Gehirn, auf die Spur zu kommen? Diese und viele weitere Fragen beantwortet der Titel so detailreich wie fundiert – eine fesselnde Lektüre für interessierte Laien und Experten gleichermaßen.

Aus dem Inhalt:

  • Naturwissenschaft
    • Die Technik vor der Naturwissenschaft
    • Entstehung und Siegeszug der Naturwissenschaft
    • Das naturwissenschaftliche Weltbild
    • Durch das Nadelloch
  • Geschichte
    • Die Anfänge der Geschichte
    • Die Entstehung des (modernen) Menschen
    • Das Problem der Vergangenheit
    • Das „Hineinlesen“ in die Geschichte
  • Das Gehirn und der menschliche Geist
    • Hirn und Herz
    • Das kognitive Gehirn
    • Die Neurowissenschaft und das Bewusstsein
    • Der Geist und das Selbst
    • Der Blick vom Olymp

Zur Person:

Professor A. C. Grayling, Jahrgang 1949, ist Direktor der Fakultät für Geisteswissenschaften am New College und am St Anne’s College in Oxford. Sein Forschungsinteresse gilt den Feldern Philosophie, Geschichte, Wissenschaft und Zeitgeschehen, zu denen er mehr als 30 Bücher veröffentlichte. Er schrieb über mehrere Jahre Kolumnen für The Guardian und The Times.

mb