Rheinland-Pfälzische Schule

Recht in der Schule in Frage & Antwort

“Das üben wir jetzt ‘mal!”: Nachsitzen als pädagogische Maßnahme

 

Darf eine Lehrkraft in Rheinland-Pfalz rechtskonform aufgrund des Fehlverhaltens eines Schülers als pädagogische Maßnahme ein Nachsitzen (beispielsweise zum Zweck der Nacharbeit versäumter Inhalte oder um eine Besinnungsaufgabe zu erledigen) verpflichtend anordnen?

In der Tat darf eine Lehrkraft das Nachsitzen eines Schülers als pädagogische Maßnahme rechtskonform anordnen, jedoch müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.  Einschränkend ist vorauszuschicken, dass dies eine rein pädagogische Maßnahme, nicht aber eine “Strafe” sein muss, denn Nachsitzen wird in Rheinland-Pfalz als erzieherische Maßnahme und nicht als bloße Strafe angesehen. Der Fokus liegt darauf, dass der Schüler aus seinem Fehlverhalten lernt und versäumte Inhalte nacharbeitet oder sein Verhalten reflektiert. Ein Nachsitzen ist also insbesondere dann zulässig, wenn es dazu dient, schuldhaft versäumten Unterrichtsstoff nachzuarbeiten oder eine Besinnungsaufgabe zu erledigen, die dem Schüler hilft, ein Fehlverhalten als solches zu erkennen.

 

Eine weitere Einschränkung ist das Verbot des Einsatzes einer solchen Maßnahme als Kollektivstrafe oder präventive Vergeltung (d. h. die Verhängung der Strafe für eine ganze Gruppe ohne eine Berücksichtigung individueller Schuld und Schuldabwägung, quasi nach dem Motto “Mitgefangen, mitgehangen” oder aber eine Art “Abreibung”, deren Einsatz den leidenden Schüler qua ihres drakonischen Wesens dazu bringen soll, das gezeigte Verhalten zukünftig nur deswegen zu unterlassen, weil er die Strafe fürchtet und vermeiden will).

 

Zu plötzlich darf die Maßnahme einen Schüler auch nicht treffen. Selbstverständlich müssen die Eltern des betroffenen minderjährigen Schülers zuvor von der Maßnahme in Kenntnis gesetzt werden. Dies kann telefonisch oder schriftlich erfolgen. Spontanes Nachsitzen ist daher oft nicht zulässig. Jedoch ist eine zeitliche Nähe zum Vergehen zu suchen, um eine Einsicht bei dem betroffenen Schüler zu begünstigen.

 

Bei der Dauer des Nachsitzens ist zu beachten, dass eine Lehrkraft in der Regel nur eine Stunde Nachsitzen anordnen darf. Eine zeitliche Ausweitung des Nachsitzens durch die Schulleitung ist aber unter Umständen möglich (siehe “Verhältnismäßigkeit” unten).

 

Des Weiteren muss der Schüler während des Nachsitzens von einer Lehrkraft, in der Regel von der anordnenden Lehrkraft, beaufsichtigt werden. Daher beschleicht viele Lehrkräfte mitunter das Gefühl, sich selbst bei einer solchen Maßnahme mit zu bestrafen, weswegen häufig davon abgesehen wird.

 

Ein weiterer zu beachtender Aspekt ist – wie immer, wenn es um das Disziplinieren geht – die Verhältnismäßigkeit. Die Maßnahme muss stets in einem angemessenen Verhältnis zum Fehlverhalten stehen. Bevor also ein Nachsitzen angeordnet wird, sollten in der Regel mildere erzieherische Einwirkungen (z. B. Gespräche, Ermahnungen) vorgeschaltet worden sein, um eine Änderung des beanstandeten Verhaltens zu zeitigen. Ist partout keine Einsicht zu gewinnen, darf der Maßnahmenrahmen selbstredend ausgeweitet werden.

 

Die genauen Regelungen finden sich im Schulgesetz (SchulG RLP) und der Übergreifenden Schulordnung (ÜSchO) von Rheinland-Pfalz. Eine Konkretisierung solcher Regelungen in den Hausordnungen der Schulen ist jedoch geboten. Sollten Eltern oder Schüler Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer angeordneten Maßnahme haben, können sie Beschwerde bei der Schulleitung oder der Schulaufsichtsbehörde einlegen.

 

Rechtsgrundlagen § 96 ÜSchO: Erzieherische Einwirkungen

Dieser Paragraph ist zentral, da er die „erzieherischen Einwirkungen“ definiert. Nachsitzen fällt unter diese Kategorie und ist somit als pädagogische Maßnahme zulässig. In § 96 Abs. 1 ÜSchO heißt es, dass Ordnungsmaßnahmen nur ausgesprochen werden können, wenn andere erzieherische Einwirkungen nicht ausreichen. Die Aufzählung der erzieherischen Einwirkungen in § 96 ist beispielhaft und nicht abschließend. Das „Nacharbeiten von Versäumtem“ wird explizit als eine solche erzieherische Einwirkung genannt.

 

§ 97 ÜSchO regelt die weitergehenden Ordnungsmaßnahmen, die bei schwerwiegenderen Verstößen oder wiederholtem Fehlverhalten zur Anwendung kommen können. Nachsitzen wird hier nicht als eigenständige Ordnungsmaßnahme aufgeführt, sondern bleibt im Bereich der erzieherischen Einwirkungen. Dies unterstreicht den pädagogischen Charakter des Nachsitzens.

 

2. Schulgesetz Rheinland-Pfalz (SchulG RLP):

Das Schulgesetz bildet die übergeordnete Rechtsgrundlage für das gesamte Schulwesen in Rheinland-Pfalz.

 

§ 55 der Schulordnung für die öffentlichen Grundschulen (GSchO) regelt die Erziehungsmaßnahmen und Ordnungsmaßnahmen und gibt so den Rahmen für pädagogische und disziplinarische Maßnahmen vor. Er unterscheidet zwischen erzieherischen Einwirkungen und Ordnungsmaßnahmen.

 

Letztlich enthält die Dienstordnung für Lehrkräfte, Schulleiterinnen und Schulleiter an öffentlichen Schulen (DO-Schulen) allgemeine Regelungen zu Pflichten und Befugnissen der Lehrkräfte, aus denen sich ebenfalls Möglichkeiten zur Umsetzung erzieherischer Einwirkungen und Ordnungsmaßnahmen ableiten lassen, speziell aus 1.7.1, 1.8 und 1.9 DO-Schulen.

 

Wo ist die Altersermäßigung für die pädagogischen Fachkräfte geregelt?

Für Pädagogische Fachkräfte wird die Gewährung von Altersermäßigung in der sog. Verwaltungsvorschrift PF (Beschäftigung von pädagogischen Fachkräften im Schuldienst) konkretisiert.

 

3.1.12 VV PF

Pädagogischen Fachkräften, die, berechnet ohne Altersermäßigung, mindestens im Umfang der Hälfte der Vollbeschäftigung nach Nummer 3.1.4 unterrichtliche Tätigkeit erbringen, ohne in Altersteilzeit zu sein, werden mit Beginn des Schuljahres, in dem sie das 63. Lebensjahr vollenden, drei Wochenstunden Altersermäßigung gewährt.

  • Verträge mit Vollbeschäftigung haben einen Umfang von 38,5 oder 39 Zeitstunden.
  • Pädagogische Fachkräfte können somit 1 Jahr früher Altersermäßigung erhalten.
  • Mit Wochenstunden sind bei PF ebenfalls Zeitstunden gemeint.

 

VBE-Hotline – RECHTSBERATUNG

0175 2062470