News

VBE veröffentlicht repräsentative forsa-Umfrage zur Inklusion

Barrieren in der Schule: Inklusion in Rheinland-Pfalz kommt nicht voran

Lars Lamowski: „Die Lehrkräfte sehen die Chancen von Inklusion, aber erleben täglich fehlende Unterstützung und mangelnde Ausstattung. Wir brauchen einen politischen Aufbruch, um schulische Inklusion zu leben und echte Teilhabe zu ermöglichen.“

Eine repräsentative forsa-Umfrage im Auftrag des Verband Bildung und Erziehung (VBE) Rheinland-Pfalz unter Lehrkräften in Rheinland-Pfalz zeigt die Lücke zwischen dem Anspruch an inklusive Beschulung und der schulischen Realität.

Die Zustimmung der Lehrkräfte zur Inklusion ist hoch. Laut der Umfrage finden knapp 60 Prozent der Lehrkräfte eine gemeinsame Beschulung von Kindern mit und ohne Behinderung sinnvoll. Doch wegen fehlendem Personal, zu großen Klassen und mangelnder individueller Förderung halten nur 24 Prozent die Inklusion unter den aktuellen Rahmenbedingungen für praktikabel.

Lars Lamowski, Landesvorsitzender des VBE Rheinland-Pfalz, kommentiert die Ergebnisse: „Wir sehen, dass die Kolleginnen und Kollegen Inklusion leben wollen, aber die Rahmenbedingungen nicht stimmen. Die Klassen sind zu groß, die Zeit für die Vorbereitung zu knapp und bei mehr als drei Viertel der Lehrkräfte war Inklusion nicht Teil der Ausbildung. Hier muss dringend nachgesteuert werden.“

Insbesondere mit Blick auf die Inklusions- und Förderschulordnung sieht Lamowski Nachbesserungsbedarf: „Mit der neuen Verordnung für den inklusiven Unterricht fallen die Gutachten in Klasse 1 und 5 weg, dementsprechend fehlt die Bemessungsgrundlage für das Personal in den Schulen, die die Inklusion leisten sollen. Schon jetzt spricht fehlendes Personal für 40 Prozent der Lehrkräfte gegen eine gemeinsame Unterrichtung von allen Kindern. Dies wird sich in Zukunft noch verschärfen. Dabei finden mit 95 Prozent nahezu alle Lehrkräfte, dass eine Doppelbesetzung aus einer Lehrkraft und einer Förderschullehrkraft in inklusiven Klassen erforderlich ist, damit Inklusion gelingen kann.“

Lediglich 34 Prozent der rheinland-pfälzischen Lehrkräfte geben an, dass es an ihrer Schule ein multiprofessionelles Team gibt, welches aber nur in 27 Prozent an jedem Schultag mindestens zeitweise zur Verfügung steht. Dringend benötigte Professionen wie die Schulpsychologie und pädagogische Fachkräfte sind meist unterrepräsentiert.
„Wir brauchen strukturelle Veränderungen im Bildungssystem, um den effizienten Einsatz von multiprofessionellen Teams in der Breite zu ermöglichen“, führt Lamowski aus. „So entlasten wir die Lehrkräfte und ermöglichen allen Kindern die bestmögliche Förderung.“

Auch mit einem inklusiven Schulsystem bleiben Förderschulen ein wichtiger Bestandteil des Bildungssystems, so Lamowski weiter: „85 Prozent der Lehrkräfte sind dafür, dass die Förderschulen erhalten bleiben. Die Wahlfreiheit bleibt auch bei einem inklusiven System wichtig. Die Förderschulen sind spezialisiert und die Kolleginnen und Kollegen dort leisten ausgezeichnete Arbeit. Sie bieten breit gefächerte Möglichkeiten die Kinder individuell und nach ihren Bedürfnissen zu fördern und bleiben daher ein zentrales Angebot in der Schullandschaft des Landes.

Damit Inklusion gelingen kann fordert der VBE Rheinland-Pfalz:

  • Mehr qualifiziertes Fachpersonal und multiprofessionelle Teams: Es bedarf einer deutlichen Aufstockung von ausgebildetem Fachpersonal verschiedener Professionen. Regionale Grundschulnetzwerke bieten einen Rahmen, um multiprofessionelle Teams effizient einzusetzen. So werden die Lehrkräfte entlastet und die besten Bedingungen für die Schülerinnen und Schüler geschaffen.
  • Doppelbesetzungen und angemessene Klassengrößen: Doppelbesetzungen aus Lehrkräften und Förderschullehrkräften in inklusiven Klassen müssen zum Standard werden. Zudem dürfen die Klassengrößen in inklusiven Settings nicht zu groß sein, um eine individuelle Förderung zu gewährleisten.
  • Nachbesserung der Inklusionsverordnung und Erhalt der Förderschulen: Die Schulordnung für inklusiven Unterricht muss dringend überarbeitet werden, um Lehrkräfte zu entlasten und den Kindern gerecht zu werden. Der VBE betont zudem die Notwendigkeit, Förderschulen als ergänzendes Angebot zu erhalten, um Kindern mit höherem Unterstützungsbedarf eine spezialisierte Förderung zukommen zu lassen.
  • Inklusion als integraler Bestandteil der Lehreraus- und -weiterbildung: Inklusion muss fester Bestandteil der Lehrerausbildung werden, damit alle Lehrkräfte für inklusiven Unterricht befähigt sind. Gleichzeitig sind ausreichende Fortbildungsangebote und die dafür notwendige Zeit für Bestandslehrkräfte unerlässlich.
  • Barrierefreiheit der Schulgebäude: Eine grundlegende Voraussetzung für gelingende Inklusion ist die vollständige Barrierefreiheit aller Schulgebäude.