Liebe Kolleginnen und Kollegen,
einige von uns sind mit Overhead-Projektor und Kreide-Tafeln in den Lehrberuf gestartet. Meine Generation ist mit digitalen Medien aufgewachsen und kann sich diese für den Unterricht gar nicht mehr wegdenken und wir sind alle hier, um uns mit dem nächsten Meilenstein zu beschäftigen. KI wird unsere Bildungslandschaft verändern! Unsere Schülerinnen und Schüler wachsen mit den Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz und virtueller Realität auf – viel wichtiger ist allerdings, dass sie es längst nutzen. Bereits im letzten Jahr hatte die Vodafone-Stiftung dazu eine repräsentative Studie angelegt, bei der 3/4 der Jugendlichen angaben, KI zu benutzen. Dabei haben die Jugendlichen angegeben, dass dies nicht auf Anregung der Lehrkräfte geschieht, sondern aus eigenem Antrieb und Interesse. Nicht verwunderlich: Etwa die Hälfte der Lehrkräfte gibt laut Bitkom-Studie an, dass sie KI für die Schule genutzt haben. Genauso viele geben aber auch an, nach wie vor den Overhead-Projektor zu nutzen. Die Hälfte derer, die KI benutzt haben, würden es in Zukunft nicht wieder tun. Der Großteil der befragten Lehrkräfte fühlt sich unsicher im Umgang mit KI. Das müssen wir ändern und dafür sind wir alle zum Lehrertag gekommen.
KI : Zukunft gestalten – Bildung neu denken
So heißt der Titel unseres Lehrertags.
Wie wird Schule in Zukunft aussehen, und wie können wir sie mitgestalten?
Dazu passt der zweite Teil des Titels – wir müssen Bildung neu denken! Dies beginnt für uns als Junger VBE bereits im Studium. Das Lehramtsstudium ist nicht mehr zeitgemäß und bereitet die angehenden Lehrkräfte nicht ausreichend auf die Realität Schule vor. Wir sprechen als VBE immer kritisch und konstruktiv über die Herausforderungen in Schule und Bildungssystem. Ich möchte das Ganze auf die Lehrkräftebildung ausweiten.
Zum einen müssen die Studierenden endlich mehr Praxis im Studium erfahren. Deshalb fordern wir ein Praxissemester, damit die Studis alle Facetten von Schule, also Unterricht, aber auch Elterngespräche, Konferenzen und vieles mehr, erfahren. Der andere Aspekt betrifft aber genau unser Thema. Digitale Medienbildung und KI gehören im Studium fest verankert. Die angehende Generation von Lehrkräften muss sich in diesen Themen auskennen. Wie kann ich KI für die Unterrichtsplanung und im Unterricht einsetzen? Wie kann ich KI-generierte Texte und Videos erkennen? Wie verändert KI sogar die Unterrichtsinhalte und Lehrpläne?
Diese Fragen sind eng verknüpft mit der Medienbildung. Wir müssen es schaffen, die Schülerinnen und Schüler von der Grundschule an mit der sinnvollen und sicheren Nutzung digitaler Endgeräte und dem Internet vertraut zu machen. Dazu müssen wir aber selbst kompetent in diesem Gebiet sein und bereits im Studium Möglichkeiten aufgezeigt bekommen, wie man dies umsetzen kann.
In Zeiten von Social Media und Fake News bekommt dies auch für die Demokratiebildung nochmals ein ganz neues Gewicht! Denken wir dabei nur an die vergangenen Wahlen. Wir haben die Pflicht, den Schülerinnen und Schülern aufzuzeigen, woran sie manipulierte Bilder, Videos und Texte erkennen. Wir müssen sie dazu anleiten, Quellen zu überprüfen und auch Logik-Fehler von KI zu erkennen. Oftmals haben wir den Impuls, solche Dinge wie künstliche Intelligenz zu verbieten und nicht zu nutzen, weil sie unsere Art zu Unterrichten infrage stellen. Hierzu geben etwa 37 Prozent der Lehrkräfte an, KI bei den Hausaufgaben zu verbieten. Vielmehr wäre es doch aber interessant zu überprüfen, inwiefern diese neuen Technologien uns helfen können und welche Chancen darin liegen. Ich weiß nicht, inwiefern ihr alle schon KI benutzt habt. Für mich ist es eine enorme Arbeitserleichterung, da ich vielfältige Dinge damit schneller erledigen kann – sei es, einen Elternbrief oder einen Text zu einem Thema zu verfassen oder Sachtexte zu vereinfachen, Differenzierungsmöglichkeiten auszuloten, Unterrichtseinheiten vorfertigen zu lassen und Ideen für neue Unterrichtsvorhaben zu sammeln. Natürlich bleibt letztendlich unsere fachliche und pädagogische Expertise unverzichtbar, da wir unsere Lerngruppe im Blick haben und die Ideen und Vorschläge der KI entsprechend anpassen müssen. Wir bleiben deshalb als Beziehungsperson und Lernbegleiter für die Schülerinnen und Schüler unverzichtbar. Dennoch gibt es immer wieder Stimmen, die diese Entwicklung als gefährlich beziehungsweise als problematisch empfinden.
Eine Sache ist mir dabei ganz wichtig: Wir dürfen uns nichts vormachen – Künstliche Intelligenz wird nicht verschwinden, auch wenn Risiken bestehen. Die Frage für uns muss also lauten: Wie können wir sie sowohl für uns als auch für unsere Schülerinnen und Schüler sinnvoll verwenden?
Das führt mich zurück zum ersten Teil unseres Titels – Zukunft gestalten. Ich hoffe, dass wir die neuen Entwicklungen ernst nehmen und konstruktiv und kritisch begleiten. Nur wenn wir uns immer wieder fortbilden und am Ball bleiben, können wir kompetent die Zukunft gestalten!
Fabian Reichert (Landessprecher Junger VBE)
Rede vom Lehrertag in Trier