Rheinland-Pfälzische Schule

Recht in der Schule in Frage & Antwort

Was bedeutet eigentlich Remonstration?

 

Kurzdefinition

Kurz gesagt ist die Remonstration eine Handlung des Beamten, mittels derer er sich gegen eine unzulässige, unbotmäßige, sittenwidrige, rechtswidrige oder in sonstiger Form unzumutbare Anordnung eines Vorgesetzten oder einer vorgesetzten Dienststelle wehren kann. Sie dient dazu, die Rechtmäßigkeit dienstlicher Handlungen zu gewährleisten.

 

Relevanz für Lehrberufe

Ist die Remonstration für Lehrerinnen und Lehrer überhaupt von Belang? Diese Frage lässt sich mit einem klaren Ja beantworten, denn sie stellt für alle Beamten ein Instrument dar, mit dem sie sich vor dienstlichem Fehlhandeln und schlimmstenfalls auch vor disziplinarischen Konsequenzen falschen dienstlichen Handelns schützen können. Schon die möglichen Anweisungen eines Schulleiters, eine Lerngruppe mit verhaltensauffälligen Schülern unter sonstigen widrigen Umständen (wie zum Beispiel einer größeren räumlichen Distanz) mitzubetreuen, eine nicht sportlich gebildete Lehrkraft mit der Betreuung des Schwimmunterrichts einer sechsten Klasse zu beauftragen oder aber eine Lehrkraft zu nötigen, das Fach Religion zu unterrichten, obwohl diese Atheistin ist, stellen entweder eine unbillige Inkaufnahme von Unfallgefahren oder eine Unzumutbarkeit dar. Auch die Übertragung von Fachunterricht in Chemie, in dem experimentell gearbeitet werden soll, zwingt die fachfremde Lehrkraft, ein nicht kalkulierbares Risiko in Kauf zu nehmen.

 

Ist die Remonstration als Konflikt zwischen Vorgesetztem und Weisungsempfänger zu betrachten?

Die Remonstration ist per se keine Konfliktsuche eines untergebenen Beamten gegenüber seinem Vorgesetzten. Sie stellt vielmehr einen Kontrollmechanismus im dienstlichen Handeln dar. In Fällen wie den oben skizzierten (die eigentlich ohnehin nicht vorkommen sollten) hätten die angewiesenen Lehrkräfte sogar die Pflicht, den vorgesetzten Beamten auf die Rechtswidrigkeit bzw. Gefahrenträchtigkeit der dienstlichen Anweisung hinzuweisen.

 

Dabei verweigern die betroffenen Beamten jedoch nicht etwa einfach den Gehorsam. Sie tun vielmehr zweierlei: Zum einen weisen sie den Vorgesetzten auf potenzielle Gefahren oder etwa eine Rechtswidrigkeit hin und leisten somit einen Beitrag zur Gefahrenabwendung oder zur Rechtskonformität des dienstlichen Handelns der Dienststelle. Zum anderen schützen sie nicht nur sich selbst, indem sie diese Anweisung nur nach nochmaliger Prüfung durch den Vorgesetzten und in Schriftform entgegennehmen, sondern auch den Vorgesetzten, der durch das Verhalten des Angewiesenen die Gelegenheit erhält, sein eigenes Handeln noch einmal zu reflektieren und auf Rechtskonformität zu prüfen.

 

Folgen der Remonstration

Eine mögliche Folge einer Remonstration ist die Änderung oder Unterlassung einer dienstlichen Weisung durch den Vorgesetzten. In diesem Fall nimmt der Vorgesetzte den ihm untergebenen Beamten aus der Pflicht, die Diensthandlung in der ursprünglich angewiesenen Form auszuüben. Folglich ließe sich von einer erfolgreichen Remonstration sprechen.

 

Wenn die Remonstration des Beamten keine Änderung der ihm anheimgestellten Weisung zeitigt, erfolgt die Weisung noch einmal in unveränderter Form schriftlich und mit der physischen oder digitalen Unterschrift des Anweisenden. Nun ist der angewiesene Beamte dienstrechtlich dazu verpflichtet, die angewiesene Diensthandlung in dieser Form durchzuführen. Die Remonstration kann (bei unumstößlichen Bedenken oder offenkundiger Rechtswidrigkeit) jedoch auch auf dem Dienstweg an die nächsthöhere bzw. die jeweils vorgesetzte Dienststelle weitergeleitet werden. Dies wäre im Falle einer Schule der jeweilige Schulaufsichtsbeamte (Referent) bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD).

 

Sämtliche negativen bzw. straf- oder dienstrechtlich relevanten Folgen des Handeln des Beamten können nun jedoch nicht mehr dem ausführenden Beamten selbst zur Last gelegt werden, denn mit der signierten schriftlichen Anweisung an den untergebenen Beamten geht die volle Verantwortung für die Diensthandlung und deren Folgen auf den anweisenden Beamten (Vorgesetzten) über – vorausgesetzt natürlich, dass der angewiesene Beamte die Diensthandlung weisungsgetreu und mit der gebotenen Sorgfalt sowie unter Berücksichtigung seiner Fürsorgepflicht gegenüber den Schülern sowie der Treuepflicht gegenüber seinem Dienstherrn ausgeführt und sich keiner auch für den Laien erkennbar vermeidbaren Vernachlässigung oder (groben) Fahrlässigkeit schuldig gemacht hat.

 

Darf der Beamte die Ausführung einer schriftlichen Anweisung verweigern?

Liegt die Anweisung in Schriftform vor, darf der Beamte ihre Ausführung nicht verweigern – es sei denn, sie weist den Beamten zu Handlungen an, die gesichert und erkennbar gegen geltendes Recht, sei es Dienstrecht, Strafrecht oder Zivilrecht, verstoßen. Der Beamte darf und muss sich nicht in seinem dienstlichen Handeln strafbar oder anderweitig belangbar machen. Im Zweifel kann die angewiesene dienstliche Handlung auch so lange verweigert bzw. ausgesetzt werden, bis ihre Rechtmäßigkeit durch einen Justiziar überprüft oder sie von einer übergeordneten Dienststelle bestätigt worden ist.

 

Umgang mit dem Instrument der Remonstration im Alltag

Im Lehralltag werden Sie eher selten in die Situation kommen, zu remonstrieren. Die Aufgaben von Lehrkräften sind durchaus klar definiert und die Verlegenheit, angreifbare dienstliche Anweisungen zu geben, wird Funktionsträger an Schulen aller Wahrscheinlichkeit nach in der Regel nicht ereilen.

 

Dennoch kann es, wie oben exemplarisch gezeigt, hin und wieder doch zu Fehlentscheidungen von Vorgesetzten kommen. Natürlich muss und sollte nicht jede Meinungsverschiedenheit mit einem Funktionsträger die angewiesene Lehrkraft dazu veranlassen, gleich formal zu remonstrieren. Zunächst bietet es sich an, das Gespräch mit dem Vorgesetzten zu suchen und seine Bedenken offen zu äußern. Sollte die Weisung des Vorgesetzten auf einem Irrtum beruhen, wird er den Fehler in aller Regel korrigieren oder aber die Weisung zurückziehen. Tut er das nicht, bleibt Ihnen immer noch die Möglichkeit, die Weisung in Schriftform einzufordern. Liegt diese so vor, sind Sie Ihren Sorgfalts- und Treuepflichten hinreichend nachgekommen und die Verantwortung für das angewiesene dienstliche Handeln liegt nicht mehr bei Ihnen als ausführender Instanz, sondern bei dem anweisenden Funktionsträger.

 

Welche Rechtsgrundlagen sind maßgeblich?

Das Instrument der Remonstration gründet auf mehreren Rechtsgrundlagen. Die wichtigsten seien hier in aller Kürze erwähnt: § 63 Bundesbeamtengesetz (BBG) regelt die Remonstrationspflicht für Bundesbeamte. Auf diesem Paragrafen fußt § 36 Landesbeamtengesetz RLP (LBG), der die Remonstrationspflicht sowie das Remonstrationsrecht der Landesbeamten festlegt und insbesondere die Eigenverantwortung des Beamten betont. Ferner enthält Artikel 33 des Grundgesetzes (GG) grundlegende Prinzipien des Berufsbeamtentums. Hierzu gehören die Treuepflicht des Beamten und daher in Abwandlung auch die Remonstrationspflicht. Wesentlich für das Remonstrationsrecht ist zudem § 36 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG). Dieser befasst sich ebenfalls mit der Pflicht zur Remonstration, der Form der Remonstration, dem Remonstrationsverfahren sowie den Ausnahmen von der Ausführungspflicht.