Rheinland-Pfälzische Schule

Aktionsrat Bildung fordert mehr Berufsorientierung in Lehrplänen

Die Wirtschaft lechzt nach qualifizierten Arbeitskräften, gleichzeitig bricht rund jeder Vierte seine Ausbildung oder sein Studium ab. Wie man das ändern könnte, haben Bildungswissenschaftler nun untersucht – und eine ganz konkrete Forderung aufgestellt.

Zur Bekämpfung des zunehmenden Fachkräftemangels fordert der aus renommierten Bildungswissenschaftlern bestehende Aktionsrat Bildung, Berufsorientierung konsequent im Bildungssystem zu etablieren. «Die Studien- und Berufsorientierung muss frühzeitig, altersgerecht und fächerübergreifend erfolgen und flächendeckend im Lehrplan verankert werden», fasste der Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), Wolfram Hatz, am Mittwoch in München das Kernergebnis des diesjährigen Gutachtens zusammen. Die vbw hatte den Aktionsrat im Jahr 2005 initiiert. Zwar sei die freie Berufswahl im Grundgesetz garantiert, sagte Gutachten-Autorin Bettina Hannover von der Freien Universität Berlin. Doch sei die Berufswahl in Wirklichkeit oftmals gerade keine freie Entscheidung: Studien zeigten, dass schon Kindergartenkinder bestimmte Berufsgruppen aufgrund von Geschlechterstereotypen für sich ausschlössen. Auch der sozioökonomische Status des Elternhauses, das berufliche Umfeld der Familie und das (mangelnde) Prestige bestimmter Berufe engten – oftmals unbewusst – die Optionen ein, aus denen der Nachwuchs seine Wahl treffe. «Ganze Berufsgruppen werden kategorisch ausgeschlossen und kommen nie wieder aufs Tableau», sagte Nele McElvany von der Technischen Universität Dortmund. Schülerinnen und Schüler müssten deshalb befähigt werden, die Berufswahl selbstbestimmt und kompetent zu treffen, fordern die Autorinnen und Autoren des Gutachtens «Bildung und berufliche Souveränität». Nur so lasse sich die hohe Abbrecherquote senken und der Fachkräftemangel mildern. Laut Hatz wird jede vierte berufliche Ausbildung abgebrochen, von den Bachelorstudierenden hören 28 Prozent ohne Abschluss wieder auf. Um das zu verhindern, müssten Jugendliche nicht nur ihre eigenen Talente und Interessen kennen. Sie müssten auch über die Vielfalt der Möglichkeiten und die Anforderungen des Arbeitsmarktes informiert werden, heißt es im Gutachten – und in gut begleiteten Praktika ausprobieren dürfen, was sie interessieren könnte. Bildungseinrichtungen sollten Berufsorientierung auf jeden Fall frühzeitig, breit und flächendeckend im Unterricht verankern, fordert das Expertengremium. Dazu sollte in allen Bildungseinrichtungen eine für die Förderung der beruflichen Souveränität zuständige Fachkraft ernannt werden. Und nicht zuletzt benötige es mit Blick auf die lebenslangen Berufsbiografien modularisierte, standardisierte Weiterbildungsmöglichkeiten und lebensbegleitende Beratungsangebote.

München (dpa)