Mehrere Experten interpretieren eine neue Studie zu schlechterem Abschneiden von Schülerinnen und Schülern bei IQ-Tests nach coronabedingten Schulschließungen zurückhaltend. Ein Forscherteam um Moritz Breit von der Uni Trier schreibt im Fachblatt «PLOS ONE», dass Schüler aus Rheinland-Pfalz rund sechs Monate nach Pandemiebeginn bei Intelligenztests deutlich weniger Punkte erzielten als Vergleichsgruppen in den Jahren 2002 und 2012.
Unabhängige Experten stellen das Ergebnis der Studie nicht per se in Frage, weisen aber darauf hin, dass sich die Ergebnisse nur schwer verallgemeinern lassen. So besuchte rund die Hälfte der teilnehmenden Schüler sogenannte Hochbegabtenklassen. Zudem sei denkbar, dass die Unterschiede zwischen 2012 und 2020 auch durch andere Faktoren beeinflusst wurden. Auch die Forscher um Breit diskutieren Einschränkungen ihrer Studie. Die Forscher ließen im August und September 2020 rund 420 Schüler der Jahrgangsstufen 7 bis 9 einen IQ-Test machen und damit nach den Schulschließungen in Rheinland-Pfalz für diese Klassen von Mitte März bis Anfang Juni. Die Ergebnisse fielen dabei deutlich schlechter aus als bei Tests einer Vergleichsgruppe im Jahr 2012. Als ein Großteil der 420 Schüler im Juli 2021 erneut getestet wurde, hatten sich demnach zwar die Ergebnisse im Vergleich zu 2020 verbessert, der Rückstand im Vergleich zu 2012 wurde aber nicht aufgeholt.
Unabhängige Experten halten es durchaus für plausibel, dass sich die Beeinträchtigung in der Beschulung auf die Intelligenzentwicklung auswirkt. Allerdings wird unter anderem die Auswahl der Schüler bemängelt. «Die Stichproben sind eigentlich für die komplexe statistische Auswertung ziemlich klein, um nicht zu sagen zu klein», sagte Detlef Rost vom Center for Mental Health Education an der Southwest University Chongqing in China. Das schränke die Belastbarkeit der Befunde deutlich ein.
Zudem könnte es Experten zufolge sein, dass zwischen 2012 und 2020 auch andere Faktoren wie die Pandemie dazu geführt haben, dass die Schüler bei IQ-Tests schlechter abschnitten. Klaus Zierer, Professor für Schulpädagogik an der Uni Augsburg, sieht dabei die Digitalisierung als wichtigen Faktor. «Hierzu liegen Studien vor, die zeigen, dass beispielsweise die Nutzungsdauer und -art von Smartphones einen negativen Einfluss auf die Intelligenzentwicklung hat.»
Trier (dpa)